Ab Januar wieder lieferbar

Guido Speckmann über System- und Erdüberlastungstags-Fragen

  • Guido Speckmann
  • Lesedauer: 2 Min.

Paradoxer geht es kaum: Immer mehr Menschen in Europa sind umweltbewusst, und das Adjektiv »nachhaltig« fehlt in keinem Politikerstatement. Aber es nutzt alles nichts: Die Menschheit verbraucht immer mehr Ressourcen und bläst mehr Kohlendioxid in die Luft. Darauf macht seit einigen Jahren das Netzwerk Global Footprint aufmerksam. Es errechnet jährlich den sogenannten Erdüberlastungstag. Dieses Jahr fällt er auf den 2. August. Das bedeutet, am Mittwoch werden mehr Ressourcen verbraucht sein, als in einem Jahr regenerationsfähig sind. Übertragen gesprochen: Die Erde ist erst wieder ab Januar lieferbar. Der Erdüberlastungstag rückt dabei immer weiter nach vorne. Würde der Trend fortgeschrieben oder der Lebensstil von US-Amerikanern oder Europäern universalisiert, wäre das der ökologische Super-GAU für den Planeten.

Doch warum geschieht trotz Nachhaltigkeits-Geplapper und Bio-Produkten nichts? Der Präsident vom Global Footprint Network, Mathis Wackernagel, gab in einem Interview einen wertvollen Hinweis: Wir müssten unsere Wirtschaftsmodelle fundamental verändern. Dann sei es möglich, auf Dauer gut von der Natur zu leben.

Vom gegenwärtigen Wirtschaftssystem »profitiert« jedoch nicht nur die Klasse der Kapitalbesitzer, sondern durch die »imperiale Lebensweise« auch eine transnationale Verbraucherklasse - vorwiegend im Norden. Auch deshalb gibt es kein Interesse an einer fundamentalen Änderung des Wirtschaftssystems. Ohne diese Hintergründe aufzunehmen, verharrt die Ökologiebewegung weiter auf der moralischen Ebene. Erst wenn sie die Erdüberlastungs- mit der Systemfrage verknüpft, kann sie ein Stachel werden, der Änderungen vorantreibt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal