Wenn die Wandtafel zuschlägt

Überraschung in Bremen zu Schuljahresbeginn

  • Alice Bachmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Die gemeine Wandtafel, die zur Grundausstattung eines jeden Unterrichtsraumes gehört, ist zum Schuljahresbeginn im Haushaltsnotlageland Bremen sozusagen zum Medienstar geworden. Denn ein Dutzend ihrer Art, aus den 1970er Jahren stammend, wurde plakativ mit rot-weißem Flatterband umwickelt und darf nicht mehr genutzt werden. Ja, es soll den Tafeln sogar nicht zu nahe getreten werden, denn sie könnten plötzlich von der Wand fallen.

Wie das so ist im kleinsten Bundesland, stand keine Alternative zur Verfügung - die Lehrkräfte wurden überrascht, ja eigentlich überrumpelt von der Aufgabe, ihre gesamten Unterrichtsvorbereitungen der neuen Gegebenheit, ohne Wandtafel zu arbeiten, anzupassen.

Zunächst hört sich ein Dutzend nicht viel an, aber das gesamte Ausmaß des Dilemmas wird sich erst zeigen, wenn alle Bremer Schulwandtafeln gründlich untersucht sind, was eine Weile dauern wird. Derzeit ist nicht einmal klar, wie viele der alten Modelle noch in Bremer Schulen hängen. Auf Nachfrage des »nd« erklärte Annette Kemp, Sprecherin der Bremer Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD), da es kein Bremer Schultafel-Register gebe und einige wohl auch schon im Laufe der vergangenen Jahrzehnte ausgetauscht worden seien, gebe es keine konkrete Zahl.

In Bogedans Behörde gibt es nun einen extra für gründlichere Tafel-Überprüfungen weitergebildeten Mitarbeiter, der jetzt Stück für Stück den kompletten Bestand untersuchen wird Doch das braucht Zeit. Und so lange will die Bildungsbehörde mit ihrer Entscheidung über Abhilfe abwarten.

In der Tat gibt es neben der sogenannten Sichtprüfung noch sehr viel intensivere Untersuchungsmethoden von Tafeln - und dafür reichlich Material. Dies zum Beispiel in Form von »Handreichungen« der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, dem Zusammenschluss der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand. Darin wird unter anderem empfohlen, gründliche Wandtafelüberprüfungen an den Schulen jährlich durchzuführen.

Bogedan hat jetzt nicht nur die Kritik und Sorgen bezüglich der Tafeln auszuhalten, sondern auch das Problem der Finanzierung. Rund 500 Euro kostet ein solches Modell in Grün. Die meisten Lehrkräfte hätten dagegen gern modernere, weiße Multimediatafeln, die pro Stück das fünf- bis sechsfache kosten.

Der Investitions- und Sanierungs-Etat der Bildungssenatorin für dieses Jahr ist mit 64 Millionen Euro veranschlagt. Die Opposition sieht diese Summe als viel zu niedrig an - und dies schon ohne die noch nicht absehbaren Tafelkosten. Während Klaus-Rainer Rupp, haushaltspolitischer Sprecher der Bremer Linksfraktion, die zehnfache Summe für nötig hält, geht der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Thomas vom Bruch, von rund einer Milliarde Euro aus. Die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Julie Kohlrausch, fordert Bogedan auf, sicherheitsrelevante Sanierungen vorzuziehen.

Rupp spricht auch noch ein weiteres Bremen-typisches Thema an: Der Senat übersehe, dass nach dem Neubau von aktuell benötigten Kindertagesstätten jetzt dringend auch Grundschulen gebaut werden müssen. Und zwar geht er von sechs zusätzlichen Grundschulen aus, die in drei Jahren gebraucht werden.

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