POPLINKE

Lexikon der Bewegungssprache

  • Lesedauer: 1 Min.

Auch wenn schon die 68er mit Agitprop-Theater, Drogen und Rockmusik die Kultur zum politischen Experimentierfeld machten, betrat die Poplinke im engeren Sinn die Bühne erst 20 Jahre später. Klassenfrage und emanzipatorische Bruchlinien wurden nun in Filmen wie »Dirty Dancing« ausgemacht, wo subalterne Solidarität auf der Tanzfläche schweißverklebt in schnellen Schrittfolgen gegen die gesellschaftliche Herrschaft in Stellung gebracht wurde.

Die Kultur sollte nicht mehr nur Wurmfortsatz der Ökonomie sein, sondern der Ort, an dem gesellschaftliche Normierung durchkreuzt und der persönliche Lebensstil zur dissidenten Strategie im Kampf gegen den Kapitalismus wird. In den Anfang der 90er Jahre gegründeten Wohlfahrtsausschüssen waren neben Linksradikalen auch zahlreiche Künstler organisiert, die Popkultur als Vehikel zur Unterminierung gesellschaftlicher Gewissheiten nutzen wollten. Unter dem Motto »Etwas Besseres als die Nation« tourten sie durch Ostdeutschland und sprengten 1995 sogar das verhasste traditionelle Burschenschaftssingen in Tübingen mithilfe nackter Tänzer und »Jesus liebt euch«-Plakaten.

Auch wenn einige Aktionen ganz praxisorientiert daherkamen - die Poplinke ist vor allem theoretisch unterwegs. Für viele stellt sich deshalb die Frage, ob die Poplinke nicht vor allem die linksradikale Spielart eines bildungsbürgerlichen Lifestyles war und in ihrer politischen Wirkung über das eigene akademische Ghetto nicht hinauskam. schmi

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