Die Stadtwerke drehen auf

Rund 230 Millionen Euro will das kommunale Unternehmen in neue Kapazitäten investieren

  • Jérôme Lombard
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wir sind das Volt« und »Power to the people«: Mit diesen fetzigen Slogans wollen die Berliner Stadtwerke um neue Kunden werben. Mitte der Woche stellte das kommunale Unternehmen seine Werbekampagne vor. Damit steigt das 2014 gegründete Tochterunternehmen der Berliner Wasserbetriebe (BWB) jetzt in den Wettbewerb der Stromanbieter ein.

»Wir wollen den Anteil von ökologisch erzeugtem Strom in der Stadt kontinuierlich steigern. Von Haushalt zu Haushalt, von Kiez zu Kiez«, sagt Stadtwerke-Chef Andreas Irmer zum Kampagnenauftakt. Man habe inzwischen ausreichend Kapazitäten geschaffen, um 27.000 Haushalte mit sauberem Ökostrom aus der Region zu versorgen. Der Löwenanteil stammt von Windkrafträdern im Umland. Zusätzlich haben die Stadtwerke bereits 134 Solaranlagen installiert. Darunter sind auch 69 sogenannte Mieterstromanlagen, die in Kooperation mit öffentlichen Wohnungsbauunternehmen, privaten Eigentümern und Genossenschaften realisiert worden sind. Der Strom wird dabei vom Dach gewonnen und fließt ohne Umwege über das allgemeine Netz in die Stromversorgung des Hauses.

»Wir schaffen mit den Stadtwerken nicht nur Öko-Energie, sondern auch Know-how, Arbeitsplätze und Wertschöpfung bei unseren Partnern und in der Stadt«, sagt Jörg Simon, Vorstandsvorsizender der Berliner Wasserbetriebe. Um sich auf dem Markt gegen die Konkurrenten durchsetzen zu können, wolle man auf Nachhaltigkeit, Bürgernähe und einen Tarif von 8,20 Euro Monatsgrundpreis setzen.

Der Entwicklungsplan der Stadtwerke sieht vor, bis zum Jahr 2023 rund 230 Millionen Euro zu investieren. Ein Drittel dieser Summe soll in neue Windkraftprojekte fließen, ein weiteres Drittel ist für Quartierskonzepte der Mieterstromangebote geplant. 22 Prozent sollen für energieeffiziente Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung stehen.

Wirtschafts- und Energiesenatorin Ramona Pop (Grüne) ist von dem Erfolg der Stadtwerke überzeugt. »Mit der nötigen Finanzausstattung und der Novelle des Betriebegesetzes haben wir die Weichen für eine kraftvolle Entwicklung gestellt«, sagt Pop, die als Kundin der Stadtwerke mit gutem Beispiel vorangehen will.

Die rot-rot-grüne Regierungskoalition hatte Anfang des Jahres das Betriebegesetz geändert und es den Stadtwerken dadurch ermöglicht, breitenwirksam für ihre Angebote zu werben und ökologischen Strom für die Sicherung der Kundenversorgung zuzukaufen. Der Senat erhofft sich durch den Ausbau der Stadtwerke einen entscheidenden Beitrag für die klimaneutrale Stadt, die bis spätestens 2050 erreicht werden soll.

Der Grünen-Abgeordnete Stefan Taschner, der die Idee eines kommunalen Stadtwerks von Beginn an unterstützt hatte, ist optimistisch. »Der Kompass der Stadtwerke stimmt. Wir müssen jetzt nur aufpassen, dass der Kurs auch gehalten wird«, sagt er. Christin Kühne, Sprecherin des Berliner Energietisches und Mitglied im Stadtwerkebeirat, ist grundsätzlich auch optimistisch. Sie sagt aber: »Das ist noch nicht das Stadtwerk, das wir uns wünschen.« Kühne kritisiert, dass eine Mitsprache der Bürger bislang nur in finanzieller Hinsicht möglich ist. So können Bürger zwar Anteile an Windrädern erwerben, eine Mitsprache in inhaltlichen Fragen sei aber bis dato nicht vorgesehen. »Die Durchlässigkeit für Ideen aus der Stadtgesellschaft muss deutlicher werden«, meint Kühne.

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