Leila: Benutzen statt besitzen

Seit Kurzem gibt es in Leipzig einen Leihladen - die Initiatoren wollen ein Zeichen gegen den Konsum setzen

  • Heidrun Böger, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.

Lars Frost (39) ist eigentlich selbstständiger Kaufmann, verdient sein Geld unter anderem mit einer Werbeagentur und mit der Vermietung von sogenannten Co-working-Arbeitsplätzen - also Örtlichkeiten, wo mehrere Freiberufler oder auch kleinere Start-ups zugleich in meist größeren, offenen Räumen tätig sind. »Den Leihladen betreiben wir nebenbei, das ist eine Herzensangelegenheit für uns«, sagt er. Zu leihen ist sinnvoll, sparsam und ressourcenschonend. Etwa fünf Leute sind aktiv dabei, sorgen dafür, dass der Laden in Leipzigs Naumburger Straße jeden Mittwoch und Donnerstag von 16 bis 18 Uhr geöffnet ist.

Das Engagement ist ehrenamtlich, niemand verdient damit Geld. Doch es entstehen Kosten, vor allem durch die Miete, Versicherung und Ähnliches. Fänden sich mehr Helfer, könnte der Laden öfter aufmachen. Auch für Öffentlichkeitsarbeit und Verwaltung werden Unterstützer gesucht.

Die Idee hatten Jana Rehwagen (33), die Freundin von Lars Frost, und er vor etwa zwei Jahren. Schon länger beschäftigten sie sich mit dem Thema Minimalismus. Dann hörten sie von einem Leihladen in Berlin, fanden die Idee spannend und fuhren hin, um sich ein Bild zu machen. Konzept, Software, Logo übernahmen sie vom Berliner Leihladen kostenlos. Etwa 15 Leihläden gibt es europaweit, zum Beispiel in Heidelberg und in Wien. Dann dauerte es noch geraume Zeit, bis sie in Leipzig-Plagwitz passende Räume fanden. Im Mai 2016 eröffneten sie in der Naumburger Straße auf 45 Quadratmetern. Direkt um die Ecke befindet sich schon ein Umsonst-Laden - hier kann man nicht benötigte Dinge hinbringen und dafür anderes mitnehmen. Und auch das Café Caputt in der Merseburger Straße ist nicht weit entfernt. In dieser Selbsthilfewerkstatt kann jeder unter Anleitung von sachkundigen Ehrenamtlichen zum Beispiel die defekte Kaffeemaschine reparieren. Lars Frost: »Mit dem Café Caputt arbeiten wir eng zusammen.« Obwohl nach Frosts Erfahrung die Leute sehr pfleglich mit den geliehenen Sachen umgehen, geht auch mal etwas kaputt. Das wird dann repariert. Kostenlos.

Jeder, der etwas ausleihen möchte, wird Ladenmitglied und damit Leila-Nutzer. Das Ganze funktioniert ähnlich wie eine Bibliothek, der Mitgliedsbeitrag liegt bei zwei bis drei Euro im Monat. Außerdem muss jeder Nutzer etwas einbringen, entweder als Leihgabe oder als Schenkung. Der Gegenstand sollte verleihbar sein und in gutem Zustand. Alternativ ist es auch möglich, Geld zu spenden. Dafür kann man sich dann eine Woche lang etwas ausleihen, wobei eine Kaution von 20 bis 30 Euro hinterlegt werden muss. Besonders beliebt sind Werkzeuge oder Tapeziertische - Dinge also, die man selten benutzt und die das ganze Jahr über viel Platz wegnehmen. Im Sommer sind auch Zelte, Schlafsäcke und Campingkocher sehr gefragt. Die darf man dann auch mal 14 Tage behalten. Es gibt mehrere Themenbereiche im Laden: Werkzeuge, Haushalt, Spiele, Reisen, Garten, um nur einige zu nennen. Über 300 Produkte gibt es insgesamt - vom Fondue-Set über Skier bis zur Stichsäge.

Bekommen haben die Leila-Initiatoren fast alles durch Spenden. Lars Frost: »Viele Leute haben Dinge übrig, die sie nicht mehr benutzen und dann zu uns bringen.« So schenkte ein Rentnerehepaar zwei unbenutzte Schlafsäcke: »Die liegen bei uns nur rum.« Ein älterer Herr hält die Werkzeuge in Schuss, denn natürlich nutzen die sich auch ab. Für alten Krempel aus Haushaltsauflösungen, der auf den Sperrmüll gehört, fühlt sich Leila nicht zuständig. Auch Bücher werden nicht angenommen, dafür gibt es Bibliotheken.

Noch steckt das Projekt in den Anfängen, etwa 50 Leila-Nutzer gibt es. Der Andrang mittwochs und donnerstags ist sehr verschieden. Dass es den Laden gibt, muss sich in Leipzig erst noch herumsprechen. Einmal im Jahr treffen sich alle Nutzer. Lars Frost: »Mir gefällt der Kontakt mit den Leuten und das Gefühl, Gemeinschaft zu erleben.«

Kontaktdaten: Leila Leipzig, Naumburger Straße 49, 04229 Leipzig, Telefon: 0341/39298555, E-Mail: kontakt@leila-leipzig.de

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