Karlsruhe verhandelt über Zensus

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 2 Min.

Punkt zehn Uhr geht es an diesem Dienstag im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe um eine zwar sehr trockene statistische Materie, aber zugleich auch um sehr viel Geld. Unter dem Aktenzeichen »2 BvF 1/15, 2 BvF 2/15« verhandelt der Zweite Senat von Deutschlands oberstem Gericht nämlich unter seinem Vorsitzenden Andreas Voßkuhle die Anträge der Senate von Berlin und der Freien und Hansestadt Hamburg, die unter anderem die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes über den registergestützten Zensus im Jahr 2011 anzweifeln.

Nach dem sogenannten Zensusgesetz 2011 war vor sechs Jahren eine Bevölkerungszählung vorgenommen worden. Für Berlin und Hamburg hatte die seinerzeit erstmals angewandte Zählgrundlage zur Folge, dass die Einwohnerzahlen kleiner ausfielen als in früheren Bevölkerungsprognosen geschätzt: Berlin schrumpfte um 180 000 Einwohner, Hamburg um 82 000. An diesem Dienstag soll geprüft werden, ob die angewandte Haushaltsstichprobe und die »fachstatistischen Grundlagen des Stichprobenverfahrens« genau genug ermittelt wurden. Berlin und Hamburg zweifeln das an.

Der Grund ist: Für die beiden Bundesländer hatte die Berechnung massive Auswirkungen. Allein das Bundesland Berlin verlor durch die korrigierte Bevölkerungszahl pro Jahr rund 470 Millionen Euro aus dem Länderfinanzausgleich - bis zum Jahr 2021, dem Jahr des nächsten geplanten Zensus, würden sich die Einnahmeverluste für Berlin auf 4,7 Milliarden Euro summieren.

»Der Senat hat erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Zensus 2011«, sagt Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD). Man werde deshalb bei der mündlichen Verhandlung an diesem Dienstag die eigene Argumentation bekräftigen. Welche Folgen sich aus der Verhandlung ergeben, ist offen. Über milliardenschwere Nachzahlungen wollte man weder in Berlin noch in Hamburg spekulieren. Mit Agenturen

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