Altona und alte Legenden

Der ehemalige Staatsanwalt Jürgen Frantz schreibt Hamburgs Geschichte neu

  • Volker Stahl, Hamburg
  • Lesedauer: 2 Min.

Weltreisender und Heimatkundler - für Jürgen Frantz ist das kein Widerspruch. Der pensionierte Staatsanwalt ist um die ganze Welt gereist, hat fünf Kontinente »und die Antarktis!« gesehen, entdeckt aber auch die »heimatlichen Gefilde« immer wieder neu. Der 79-Jährige war lange Zweiter Vorsitzender des Bürgervereins Hoheluft-Großlokstedt und vor sechs Jahren Gründungsmitglied des Forums Kollau, das sich mit der Geschichte der heutigen Hamburger Stadtteile Lokstedt, Niendorf und Schnelsen beschäftigt.

Jüngst ist dem Heimatforscher mit einem Buch über die heutigen Hamburger Stadtteile Lokstedt, Niendorf und Schnelsen ein kleiner Coup gelungen. Frantz widerlegt darin die alte Legende, dass Holstein früher dänisch gewesen sei und Altona die »zweitgrößte Stadt Dänemarks«. Das sei »totaler Unfug«, sagt Frantz und stellt klar: »Nach dem Aussterben der Schauenburger Grafen wurde im Jahre 1460 der dänische König Christian I. zum deutschen Herzog von Holstein gewählt. Bis zum Jahre 1864 griff das dänische Königshaus über mehr als vier Jahrhunderte häufig mit Hilfe seiner Statthalter über die Holsteiner Kanzlei in die Verwaltung Holsteins ein, weil der deutsche Herzog immer auch gleichzeitig dänischer König war.« Deshalb sei Holstein aber niemals dänisch geworden, sondern immer deutsch geblieben. 1867 wurden die vormals zur »Herrschaft Pinneberg« gehörenden Dörfer Lokstedt - phonetisch »Lookstedt«, stellt Frantz klar -, Niendorf und Schnelsen preußisch. 1927 erfolgte der Zusammenschluss der drei Dörfer zur preußischen Landgemeinde Lokstedt, im Volksmund damals »Groß-Lokstedt« genannt.

Jürgen Frantz ist in Alsterdorf aufgewachsen und hegte nach seinem Abitur 1957 den Traum, Schiffbau zu studieren. Er entschied sich jedoch, nach Abschluss einer Banklehre in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, der es als Jurist zum Syndikus bei der Edeka gebracht hatte.

Doch Frantz junior landete nicht in der freien Wirtschaft, sondern wurde Beamter. »Zunächst wollte ich zur Bank für Gemeinwirtschaft, doch beim Staat verdiente man besser.« Als Staatsanwalt klagte er 17 Jahre lang Wirtschaftsstraftäter an, dann sprach er bei der Behördenleitung vor: »Ich will mal was anderes machen - etwas mit Mord und Totschlag.« Gesagt, getan. Sein spektakulärster Fall war der des Attentäters der Tennisspielerin Monica Seles; für den abgedrehten Steffi-Graf-Fan hatte Frantz damals eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung gefordert.

Seit seiner Pensionierung beschäftigt sich der Schnelsener nicht mehr mit den Abgründen der menschlichen Seele, sondern mit Lokalgeschichte: »Einer muss sich schließlich um das Heute kümmern, weil es morgen Vergangenheit ist und übermorgen nicht bereits vergessen sein soll.«

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