Schwere Schlappe für Südwest-AfD vor Gericht

Stuttgarter Landtag durfte von der Rechtsaußenfraktion geforderten Ausschuss zu »Linksextremismus in Baden-Wüttemberg« ablehnen

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Stuttgart. Niederlage für die baden-württembergische AfD vor Gericht: Der Landtag durfte im November 2016 einen von der Rechtsaußenpartei beantragten Untersuchungsausschuss »Linksextremismus in Baden-Wüttemberg« ablehnen. Das entschied der Verfassungsgerichtshof des Bundeslandes am Mittwoch in Stuttgart. Das Organstreitverfahren der AfD-Fraktion gegen den Landtag sei in Teilen unzulässig und auch unbegründet, hieß es. Der Landtag habe keine Pflicht zum Einsetzen des Ausschusses gehabt.

Zwar war der Ausschuss im August 2016, wie im Gesetz gefordert, von zwei – wenn auch nur vorübergehend bestehenden – Fraktionen aus AfD-Mitgliedern beantragt worden. Als der Landtag aber im November 2016 über die Einsetzung entschied, habe es nur noch eine Fraktion gegeben. Die im Streit abtrünnigen Abgeordneten, die kurz als ABW-Fraktion firmierten, waren zuvor wieder in ihre alte AfD-Fraktion aufgenommen worden.

Untersuchungsausschüsse gelten als schärfstes Schwert der Opposition zur Kontrolle der Regierung. Minderheiten im Parlament dürfen damit mögliche Missstände oder Affären unter die Lupe nehmen. Allerdinge muss der Antrag von einem Viertel der Abgeordneten oder zwei Fraktionen unterschrieben sein.

AfD arbeitet sich wiederholt am »Linksextremismus« ab

Es ist nicht das erste Mal, dass die AfD in einem Parlament versucht, »Linksextremismus« als die eigentliche Gefahr für die Bundesrepublik darzustellen. Für Aufsehen sorgte im September im Landtag von Sachsen-Anhalt die Abstimmung über eine von der Rechtsaußenfraktion geforderte »Kommission zur Untersuchung des Linksextremismus«. Neben den Migliedern der AfD-Fraktion hatte auch eine Mehrheit der CDU-Abgeordneten den Antrag unterstützt. Nach dem Eklat hatte sich selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisch zur Unterstützung des Antrags geäußert. »Politisch halte ich das für nicht richtig«, sagte die CDU-Bundesvorsitzende damals. Merkel, die jede Form der Zusammenarbeit mit der AfD bisher ausgeschließt, erklärte: »Das entspricht nicht meinen Vorstellungen von ›nicht zusammenarbeiten‹.«

Kein Bedauern für Opfer rechter Gewalt

Auch im Bundestag versuchte sich die AfD am gestrigen Mittwoch eher erfolglos, am »Linksextremismus« abzuarbeiten. Der Bundestag debattierte auf AfD-Antrag in einer Aktuellen Stunde zu dem Thema »Linksextreme Gewalttaten gegen die politische Betätigung demokratischer Parteien«. Anlass waren die Demonstrationen gegen den AfD-Parteitag in Hannover, bei denen der Bundestagsabgeordnete Kay Gottschalk an der Hand verletzt worden sein soll.

Abgeordnete unterschiedlicher Parteien warfen der AfD in der Debatte vor, bei der Verurteilung von Gewalt mit zweierlei Maß zu messen. Die im Jahr 2016 begangenen politisch motivierten Straftaten seien »überwiegend aus dem rechtsextremistischen Bereich« begangen worden, sagte der Unions-Innenexperte Stephan Mayer (CSU). Die SPD-Abgeordnete Sonja Steffen warf der AfD vor, Menschen »nach Religion und Herkunft« zu sortieren. Sie stelle daher infrage, dass die AfD eine demokratische Partei sei.

Mehrere Redner verwiesen auf Angriffe unter anderem auf den Altenaer Bürgermeister Andreas Hollstein (CDU) und die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik. Zu solchen Angriffen sowie die unzähligen Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte gebe es »keinerlei Bedauern« von der AfD, sagte die SPD-Abgeordnete Susann Rüthrich.

Die LINKEN-Abgeordnete Caren Lay verwies auf »unzählige Beispiele« rechter Gewalt gegen sie selbst und Politiker anderer Parteien. »Wer sich davon nicht distanzieren will, soll aufhören, sich hier als Opfer zu inszenieren«, sagte Lay an die Adresse der AfD gerichtet.

Der Grünen-Parlamentarier Sven Christian Kindler warf der AfD vor, das Ausmaß rechter Gewalt »zu relativieren, zu verharmlosen oder Öl ins Feuer zu gießen«. »Es geht der AfD gar nicht um die generelle Ablehnung von Gewalt, sie hat ein taktisches Verhältnis zur Gewalt«, sagte Kindler. Agenturen/nd

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