Kalifornien sendet Rauchzeichen

Lange Schlangen beim Start des legalen Handels mit Marihuana in dem US-Bundesstaat

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Kunden konnten es kaum erwarten. Vor Urbn Leaf in San Diego hatte sich vor der Geschäftsöffnung bereits eine lange Schlange gebildet. Mit dem Jahresanfang ist im US-Bundesstaat Kalifornien der Handel mit Marihuana zu Entspannungszwecken legal. »Das ist verrückt. Wir haben auf viele Menschen gehofft und waren auch darauf vorbereitet«, sagte Will Senn, Mitgründer von Urbn Leaf. »Aber damit haben wir nicht gerechnet.«

Es wird erwartet, dass der Handel mit Marihuana zu Entspannungszwecken in den nächsten zwei Jahren in Kalifornien einen Umfang von 7 Milliarden Dollar (5,8 Milliarden Euro) erreichen wird. Wie es von Seiten des Bundesstaates heißt, könnten so Steuereinnahmen von bis zu 1 Milliarde Dollar entstehen. So wird Urbn Leaf in den nächsten Wochen seine dritte Filiale eröffnen. Senn stellt dafür Lieferfahrer und andere Mitarbeiter ein. Zudem verkauft sein Unternehmen nicht nur das Marihuana selbst, sondern auch Lebensmittel wie Schokolade, die mit Marihuana versetzt worden sind. »Wir können Marihuana innerhalb von 20 Minuten liefern«, erklärt er. »Das funktioniert wie mit Pizza.« Am Neujahrstag zählte er bis Mittag 350 Kunden. Deutlich mehr als bislang an einem ganzen Tag, als Marihuana lediglich zu medizinischen Zwecken verkauft werden durfte.

Marihuana war in Kalifornien seit 1913 verboten. 1996 wurde das Verbot für medizinische Zwecke aufgehoben. Das war ein bedeutender Einschnitt, da zu diesem Zeitpunkt das Interesse an dem Rauschmittel stark zugenommen hat. 2016 entschieden sich 57 Prozent der Stimmberechtigen bei einem Referendum, Anbau, Besitz und Gebrauch für Erwachsene über 21 Jahren zu legalisieren. Die Aufhebung des Handelsverbots wurde durch das Referendum für den 1. Januar 2018 festgelegt.

Die Entwicklung ist Teil eines Trends, durch welchen in den USA eine neue Branche entsteht. So ist der Gebrauch zu Entspannungszwecken in Alaska, Colorado, Nevada, Oregon und Washington State legal. In Massachusetts soll dies im Sommer erfolgen. In Maine entschied ein Referendum 2017 zwar gegen Legalisierung, der Gouverneur hat sich jedoch für ein Veto gegen das Ergebnis entschieden.

Dabei ist der Handel mit Marihuana nach landesweiten Gesetzen weiterhin illegal. Justizminister Jeff Sessions hatte sich vor seinem Amtsantritt gegen die Branche ausgesprochen. Präsident Donald Trump hat bislang jedoch keine Initiative gegen die Legalisierung in immer mehr Staaten ergriffen.

Die Aufhebung des Verbots in Kalifornien könnte weitreichende Folgen haben. In dem Bundesstaat befindet sich die Region Humboldt County, die für ihre hervorragenden Anbaubedingungen bekannt ist. Dazu ist Kalifornien der einwohnerstärkste Bundesstaat der USA. Bereits jetzt handeln dort 100 Geschäfte mit Marihuana zu Entspannungszwecken, wie Alex Traverso, Sprecher der kalifornischen Behörde Bureau of Cannabis Control, erklärt. Insgesamt hätten jedoch bereits 1400 Läden eine entsprechende Genehmigung durch den Bundesstaat. Ihnen fehlen aber noch die Lizenzen, die von Städten vergeben werden.

So fürchten einige Branchenmitglieder auch Probleme wegen der Bürokratie. Andere Beobachter machen sich Sorgen wegen der Auswirkungen des Marihuanakonsums. So hat sich in Colorado die Anzahl der Verkehrsunfälle, bei denen Marihuana im Spiel war, zwischen 2013 und 2016 verdoppelt.

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