Protest gegen Klinikschließung

LINKE in Hessen warnt: Krankenhäuser sind bei akuten Notfällen schon jetzt überlastet

  • Hans-Gerd Öfinger, Wiesbaden
  • Lesedauer: 3 Min.

Gegen die drohende Schließung der Helios-Klinik in der hessischen Kreisstadt Bad Schwalbach demonstrierten am Freitag rund 80 Menschen. Zu der kurzfristig anberaumten Kundgebung vor dem Klinikeingang hatte die LINKE im Rheingau-Taunus-Kreis aufgerufen. Es war der erste sichtbare Protest gegen das Aus für die Klinik seit der Bekanntgabe der Pläne. »Gesundheit vor Profit«, lautete die Parole auf einem Transparent.

Das ehemalige Kreiskrankenhaus an der Emser Straße war im Jahr 2000 unter dem damaligen CDU-Landrat Bernd Röttger (CDU) privatisiert worden. Es wurde zunächst von der Wittgensteiner Kliniken GmbH übernommen und gelangte 2006 in die Hände des Helios-Konzerns, der als größter privater Krankenhausbetreiber Europas gilt. Helios betreibt auch in Wiesbaden und Idstein privatisierte Kliniken und hat damit in der Region eine sehr starke Marktmacht. Die Schließung des Hauses in Bad Schwalbach wird mit mangelnder Auslastung, roten Zahlen und der Existenz anderer Krankenhäuser in der Landeshauptstadt begründet, die eine halbe Autostunde entfernt liegen. Diese sind jedoch für Bewohnern entlegener Ortschaften im Taunus mit öffentlichen Verkehrsmitteln viel schwerer und mühseliger zu erreichen.

Die »Sachzwänge« für die Schließung wollen die rund 170 Beschäftigten ebenso wie Patienten nicht hinnehmen. »Eine wohnortnahe und gute Krankenhausversorgung muss Vorrang haben vor den Gewinninteressen eines Konzerns«, heißt es in einem Demoaufruf der LINKEN. »Mit der Schließung wäre eine zeitnahe Notfallversorgung gefährdet.« Die Wiesbadener Krankenhäuser seien bei akuten Notfällen schon jetzt überlastet. In den von Helios übernommenen privatisierten Wiesbadener Dr.-Horst-Schmidt-Kliniken (HSK) sei wegen Personalmangels die Zahl der Betten reduziert worden.

Wenn Patienten für eine medizinische Notfallversorgung bis nach Wiesbaden oder Idstein fahren müssten, könne die erhebliche Zeitverzögerung zu gesundheitlichem Risiko führen, warnte die Landtagsabgeordnete Marjana Schott (LINKE). »Die Privatisierung im Gesundheitswesen ist der falsche Weg, da nicht mehr die Gesundheit der Menschen im Mittelpunkt steht, sondern das Gewinninteresse eines Konzerns«, so Schott.

An der Protestaktion nahmen auch Beschäftigte der Klinik und Regionalpolitiker anderer Parteien teil, darunter der parteilose Landrat Frank Kilian, der sich nach eigenen Angaben gegen die Schließung engagieren und ein Gutachten in Auftrag geben will. Viele zeigten sich empört darüber, dass die Konzernspitze die schon im vergangenen Sommer gefassten Stilllegungspläne sehr spät öffentlich bekannt gegeben hatte und selbst die Betriebsratsmitglieder davon zuerst aus der Lokalpresse erfuhren. »Es ist nicht nachzuvollziehen, dass das Land Hessen im Vorfeld und andere Gremien seit Mitte des Jahres 2017 Informationen zu der geplanten Schließung der Klinik hatten und diese nicht den städtischen Gremien und der Öffentlichkeit mitgeteilt haben, um so die Bevölkerung rechtzeitig zu informieren«, heißt es in einem aktuellen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung von Bad Schwalbach. Das Krankenhaus habe gute und engagierte Ärzte und ein sehr gutes Pflegepersonal. »Aber wenn die Bürger nicht mehr auf diese Ressourcen zurückgreifen können, wird der Weg in umliegende Krankenhäuser unausweichlich.« Massiver Schneefall und Stürme könnten immer wieder die Straßen nach Wiesbaden über den bewaldeten Taunuskamm blockieren. »Ein Notfallpatient ist dann dem Tod geweiht«, so die Befürchtung der Kommunalpolitiker.

»Helios wird seit Jahren aus öffentlichen Mitteln für den Betrieb der Klinik subventioniert, aber Patienten und Angestellte werden zu Abrechnungszahlen degradiert«, so LINKE-Kreisvorsitzende Katja Joesbury gegenüber »nd«. »Krankenhäuser gehören in öffentliche Hand.« Ihr Ko-Vorsitzender Benno Pörtner möchte das Thema im Kreistag auf die Tagesordnung setzen. Es sei nicht hinnehmbar, dass der Helios-Konzern öffentliche Subventionen in Millionenhöhe für die Stilllegung der Klinik bekomme und zudem noch weitere 4,2 Millionen für den Umzug einer konzerneigenen Klinik für Psychosomatik von Wiesbaden nach Bad Schwalbach auf das Gelände des bisherigen Krankenhauses zu erwarten habe, ärgert sich Pörtner.

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