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Umstrittene Schulform

Bildungsrauschen

  • Lena Tietgen
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Ausbau der Ganztagsbetreuung ist schon länger Thema. 2002 versprach die Bundes-SPD eine Investition von »vier Milliarden Euro« und Rheinland-Pfalz sicherte zu, bis 2006 »zwanzig Prozent der Schulen auf Ganztagsbetrieb« umzustellen (www.tagesspiegel.de).

In dem SPD-regierten Bundesland existiert heute an 623 Standorten ein Ganztagsangebot. Damit haben »91 Prozent aller Gemeinden und Städte mindestens an einer Grundschule eine Ganztagsbetreuung«, wie es auf ganztagsschule.rlp.de heißt. 77 Prozent der Realschulen, 85 Prozent der Integrierten Gesamtschulen und 30 Prozent der Gymnasien seien Ganztagsschulen, so dass insgesamt mit 78 Prozent gebundenen wie nicht gebundenen Ganztagsschulen eine »flächendeckende Versorgung« bestehe, die »bei Bedarf ergänzt« werde.

Eingeführt wurde die Halbtagsschule in Deutschland und in weiten Teilen Europas Ende des 19. Jahrhunderts. Zuvor erstreckte sich der Unterricht von vormittags bis nachmittags, unterbrochen durch eine von 12 bis 14 Uhr dauernde Mittagspause, die zu Hause verbracht wurde. Erst durch den mit der Industrialisierung verbundenen systematischen Einzug der Kinderarbeit wurde der Schulbesuch auf einen halben Tag beschränkt, damit den Kindern Zeit zum Arbeiten blieb. Neben der Kinderarbeit wurden auch überfüllte Klassen als Grund genannt. Man wollte in Schichten unterrichten können.

Mit den pädagogischen Reformbewegungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts kamen Ganztagsschulmodelle auf, die die Entwicklung des Kindes in den Fokus rückten. Während Polen und Österreich dem Modell Halbtagsschule folgten, blieben Frankreich, England und die USA bei der Ganztagsschule (bpb.de).

Heute, so eine Studie von 2014/15, existieren in Europas verschiedene Modelle der Ganztagsschule. Zum einen gibt es Länder mit einem obligatorischen Ganztagsunterricht in gebundener Form, d.h. mit Vor- und Nachmittagsunterricht. Dazu zählen Frankreich, Großbritannien und Schweden. Offen oder begrenzt gebunden arbeiten Italien, Russland und Deutschland mit einem unter Aspekten des Föderalismus gebundenen und offenen, also heterogenen Modell (pedocs.de). Laut dem Ergebnis der Sondierungsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD zur Bildung einer neuen Großen Koalition, wird es bei diesem »heterogenen Modell« vorerst bleiben. »Ganztagsschul- und Betreuungsangebote«, sollen, so die Vereinbarung, ausgebaut werden und bis 2025 in einen Rechtsanspruch münden, der allerdings nur für Grundschulkinder gilt. Auch die Umsetzung soll mit Rücksicht auf »Flexibilität, bedarfsgerechtem Vorgehen und Vielfalt der in den Ländern und Kommunen bestehenden Betreuungsmöglichkeiten der Kinder- und Jugendhilfe und schulischen Angebote« erfolgen (bmjv.de). Da der Bund aufgrund des Kooperationsverbotes nur begrenzt Einfluss auf die Länder hat, soll die Verwirklichung des Rechtsanspruchs über externe Horte oder in den Grundschulen den Kommunen überantwortet werden, wie der SPD-Politiker Hubertus Heil (SPD) auf tagesspiegel.de erklärte.

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