Zu wenig Frauenpower in der Politik

Gutachten der Universität Potsdam belegt anhaltendes Ungleichgewicht - Land will mit Gesetzesänderung reagieren

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

Zu den Gründungsmythen der ersten Landesregierung von 1990 gehört das prägende weibliche Element. Zwar stand Ministerpräsident Manfred Stolpe, eine Art »Landesvater«, mit Regine Hildebrandt (beide SPD) eine adäquate »Landesmutter« zur Seite. Aber nur zwei Kabinettsmitglieder, viele mit DDR-Bürgerrechtsbiografie, waren Ministerinnen. Bei Lichte betrachtet erreicht der Frauenanteil in der Summe aller Brandenburger Regierungen seit 1990 aber nur 26 Prozent (!) - es gab bislang 39 Minister, aber lediglich 14 Ministerinnen.

Auch die Volksvertretungen im Land geben bis heute, wenn es um die gleichberechtigte Besetzung mit Frauen und Männern geht, kein gutes Bild ab. Wie aus einem von der Universität Potsdam im Auftrag des Frauenministeriums und der Landesgleichstellungsbeauftragten erstellten Gutachten hervorgeht, erreicht der Frauenanteil in den Gemeindevertretungen gerade einmal 23,3 Prozent. Im aktuellen Landtag entfällt nur jeder dritte Sitz auf eine Frau - 36,4 Prozent der Abgeordneten sind weiblich.

»Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Das schreibt unsere Verfassung vor«, erinnerte Frauenministerin Diana Golze (LINKE) am Mittwoch bei der Präsentation des Gutachtens. »Trotzdem wird Politik immer noch überwiegend von Männern gemacht.« Die von der Landesregierung in ihrem Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm festgeschriebenen Maßnahmen reichten für den politischen Bereich nicht aus, um auch die politische Position von Frauen zu stärken.

Die Gleichstellungsbeauftragte des Landes, Monika von der Lippe, bezeichnete es als »nicht hinnehmbar«, dass in Brandenburg politisch aktive Frauen noch immer nicht selbstverständlich sind. Das Ergebnis der beiden Gutachterinnen sei so bahnbrechend wie eindeutig, erklärte sie: »Wir brauchen verpflichtende Teilhaberegelungen und die Möglichkeit zur Durchsetzung. Nur so werden wir in der Politik auch wirklich den Querschnitt unserer Gesellschaft abbilden können.«

Laut von der Lippe sind die die brandenburgischen Wahlgesetze bis jetzt nicht gleichstellungspolitisch ausgerichtet. »Sowohl mögliche Wahllistenquotierungen als auch geschlechtergerechte Formulierungen sollten, um eine annährend vergleichbare Partizipationsmöglichkeit von Frauen und Männern in der Politik zu schaffen, in die Brandenburgischen Wahlgesetze aufgenommen werden.«

»Durch Soll-Regelungen in den brandenburgischen Wahlgesetzen würde auf die ungleiche Verteilung von Frau und Mann aufmerksam gemacht werden«, kostatiert das »Gutachten zu den rechtlichen Rahmenbedingungen für politische Parität im Land Brandenburg«. Aus anderen Bundesländern sei jedoch auch erkennbar, dass die Zahl der weiblichen Abgeordneten damit nicht eindeutig gestiegen ist, weil durch den freiwilligen Charakter der Vorschriften deren Einhaltung nicht gefördert werde Soll-Regelungen könnten ein erster Schritt in eine gleichstark geführte Politik von Frau und Mann sein, effektiver aber wären »verpflichtende gesetzliche Vorschriften«. Verpflichtende Paritätsregelungen wären sehr wohl verfassungskonform, heißt es.

In einer Broschüre veröffentlicht das Frauenministerium eine Sammlung von Praxisbeispielen zum Thema politische Teilhabe von Frauen im Land Brandenburg. Darunter finden sich die Frauenstammtische in Cottbus und Falkensee, der Potsdamer Frauentalk, die LINKE-Landtagsfraktion oder der Verein Brandenburger Landfrauen. Den Abschluss bildet ein Resumee der 27. Brandenburgischen Frauenwoche, die mit 200 Veranstaltungen 10 000 Frauen und Männer im Land erreichte. Das Heft unter dem Titel »Frauen MACHT faire Chancen« findet sich, wie auch das Gutachten, auf der Internetseite des Ministeriums (www.masgf.brandenburg.de).

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