Taxi-AG fordert Mindestlohn

Organisierte FahrerInnen protestieren gegen schlechte Arbeitsbedingungen

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.

«Schluss mit dem Lohndumping im Taxi-Gewerbe» steht auf dem Banner, dass Mitglieder der Taxi-AG der Gewerkschaft ver.di am Mittwoch vor der Senatsverwaltung für Verkehr, Umwelt- und Klimaschutz aufgespannt haben. Die TaxifahrerInnen haben sich dort zur Mahnwache versammelt, um auf ihre prekären Arbeitsbedingungen aufmerksam zu machen. «Viele Betriebe zahlen den gesetzlichen Mindestlohn nicht. Standzeiten an Halteplätzen werden als vermeintliche Pausen deklariert und nicht bezahlt», beschreibt Taxifahrer Andreas Komrowski die schlechten Arbeitsbedingungen in der Branche.

Die neuen Taxameter würden nach wenigen Minuten automatisch auf Pause schalten, ergänzt sein Kollege Klaus Meier. Obwohl mittlerweile ein Gerichtsurteil diese Praxis für rechtswidrig erklärt hat, habe sich an den schlechten Arbeitsbedingungen nichts geändert, sagt Ramazan Bayram, von der Berliner Initiative gegen Arbeitgeberunrecht (BAGA) dem «nd». «Wir unterstützen die KollegInnen, weil hier unter den Augen des Senats Lohndumping begangen wird», erklärt er.

Die gewerkschaftlich organisierten TaxifahrerInnen fordern einen Gesprächstermin beim zuständigen Verkehrssenat. Sie wollen erreichen, dass weitere Taxikonzessionen nur an Firmen vergeben werden, die den Mindestlohn für ihre Beschäftigten einhalten. Auch über die Festlegung des Beförderungstarifs wollen sie mit Verkehrssenatorin Regine Günter (parteilos, für Grüne) diskutieren. Vom Verkehrssenat wollte bis Redaktionsschluss niemand eine Stellungnahme abgeben.

Die Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Arbeit bestätigt dem «nd», dass ihre Behörde die Forderungen unterstützt. Man habe es auch abgelehnt, die Dokumentationspflicht für das Taxigewerbe auszusetzen. Doch die Taxi-AG ist vor allem über den Verkehrssenat enttäuscht. Dabei führen die prekären Arbeitsbedingungen auch zu Unfallrisiken, erläutert Komrowski. «Viele Fahrer müssen wegen der schlechten Einnahmen Überstunden machen und fahren dann auch mal übermüdet. Das kann zu Unfällen führen. So ruinieren sie ihre Gesundheit und die der Fahrgäste.» Dieser zerstörerische Wettbewerb müsste eigentlich für die Politik Anlass sein, regulierend einzugreifen, heißt es.

Dass sich am Mittwoch nur fünf FahrerInnen zur Mahnwache eingefunden haben, erklärt sich Klaus Meier damit, dass viele Beschäftigte während der Tourismusmesse nicht auf Einnahmen verzichten wollen. Außerdem sei die Branche schwer zu organisieren. «Viele Kollegen hoffen über die Runden zu kommen, indem sie mit ihren Chefs Vereinbarungen schließen», erklärt ver.di-Aktivist Burchardt Zitschke. Das mache eine gewerkschaftliche Gegenwehr oft schwierig. Doch die ver.di-AG kündigt für die kommenden Wochen weitere Mahnwachen und Proteste an. Am 21. April will sich die Taxi-AG mit weiteren gewerkschaftlich organisierten Prekären zu einer Kundgebung vor dem Roten Rathaus treffen.

Burkhardt Zitschke sieht noch eine andere Möglichkeit, wie sich die TaxifahrerInnen gegen schlechte Arbeitsbedingungen wehren können. Er arbeitet an einer App, die von den KollegInnen selbst verwaltet wird. Diese sei allerdings noch in der Erprobungsphase. In London ist eine solche von den FahrerInnen verwaltete App seit einigen Monaten schon in Betrieb. Das würde die Position der TaxifahrerInnen gegenüber ihren Chefs verbessern. Die Taxi-AG werde damit aber nicht überflüssig, betont Komrowski.

Technische Lösungen könnten einen solidarischen Kampf nicht ersetzen. Für die nächsten Proteste wollen sie auch FahrradkurierInnen ansprechen, die für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen und sich in der Freien Arbeiter Union (FAU) organisiert haben. Für die Taxi-AG kein Hinderungsgrund für eine Zusammenarbeit. «Die Probleme der Kuriere mit Dumpinglöhnen und Kontrolle sind ähnlich wie bei uns, sagt Zitschke.

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