Zurück auf der politischen Bühne

Griechenland hat mit MeRA25 eine neue Linkspartei

  • Elisabeth Heinze, Thessaloniki
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wir reiben uns ungläubig die Augen, wenn die offizielle Linke antritt, um der Realisator der Austerität zu sein«, erklärte Yanis Varoufakis vergangene Woche bei der Vorstellung seiner neuen ParteiMeRA25 in Athen. Eine Aussage, die aus der Zeit nach seinem Rücktritt 2015 als griechischer Finanzminister stammen könnte.

MeRA25 (Bündnis für realistischen europäischen Ungehorsam) ist der parteipolitische Ableger der von Varoufakis mitinszenierten pan- und pro-europäischen Bewegung DiEM25 (Democracy in Europe Movement), die sich im Februar 2016 in Berlin präsentierte und Europas Demokratisierung voranbringen will. Die neue politische Kraft wolle »die Partei der griechischen und europäischen Erweckung gegen das europäische Establishment und gegen die Nationalisten« sein, erklärte er bei der Gründungsveranstaltung.

Präsentiert wurde ein Sieben-Punkte-Plan, der eine Umkehr der als »alternativlos propagierten« Schuldenpolitik verlangt: Neben Steuersenkungen sind eine Umschuldung und die Verringerung der Primärüberschüsse vorgesehen. Dazu soll eine staatliche Umschuldungsgesellschaft errichtet werden. Die Privatisierungsbehörde Taiped, jetzt zuständig für den Verkauf und die Verpachtung von Grundstücken und staatlichen Versorgungsstrukturen, soll durch eine Entwicklungsbank ersetzt werden, die sich für das kreative Unternehmertum einsetzen soll.

Zudem verstoße das Vorgehen der Zwangsversteigerungen gegen grundlegende Prinzipien der Gerechtigkeit. Varoufakis plädiert weiter für eine Aufhebung der parlamentarischen Immunität und die Schaffung einer Behörde, die zur Kontrolle von politischen und großen Handelsdelikten dienen solle.

Dabei steht auch Varoufakis stets unter Rechtfertigungsdruck, beispielsweise darüber, ob er die Einführung der Kapitalkontrollen zu verantworten habe, was er kürzlich in einem Radiointerview revidierte. »Unabhängig davon, ob wir im Euro sind oder nicht«, solle der Sieben-Punkte-Plan umgesetzt werden, betonte der Ökonom entschlossen und äußerte Bereitschaft, auch ohne die Zustimmung der Institutionen, die entsprechenden Gesetze zu erlassen.

Was heute eine Provokation ist, war einst die Parteilinie von SYRIZA. In Griechenland wird Varoufakis weiterhin vorgeworfen, dass er mit seinem »Plan B« (einem Szenario für den Fall eines Grexits) während der Verhandlungen zum Dritten Kreditprogramm 2015 ebendiesen Ausstieg aus der Eurozone plante.

Während sich die Regierung mit dem Auslauf des Kreditprogramm im August - was die Wirtschaftslage angeht - optimistisch gibt, spricht sich Varoufakis noch immer vehement gegen den Reformkurs seines Nachfolgers aus: »Es ist nicht auszuhalten, Efklidis Tsakalotos zu hören, wenn er sagt, dass der Weg aus der Austerität mithilfe von Austerität genommen wird.« Mit dieser Ansicht steht er nicht alleine da. Varoufakis hatte damals sein Amt nach dem Juli-Referendum niedergelegt, obwohl eine Mehrheit, wie der Tsipras-Regierung empfohlen, gegen die Politik der Gläubiger-Institutionen votierte. Die Regierung unter SYRIZA schlug seit dem dritten Memorandum bekanntlich den Weg der Umsetzung der Reformen ein, die mit massiven Einschnitten u.a. bei Renten- und Sozialleistungen sowie Steuererhöhungen einhergingen. Das rächte sich: In einer Umfrage des Fernsehsenders Skai von Mitte März führt die konservative Nea Dimokratia mit 31,5 Prozent vor SYRIZA mit 21,5 Prozent.

Eine Finanzsouveränität, wie sie für August anvisiert wird, schwebt Varoufakis nicht vor. Ein schleichender Austritt aus dem Schuldenprogramm mit seinen Auflagen begünstige laut MeRA25 die »Auflösung Europas«, eine Verbesserung der Lebenssituationen aber nicht. Künftig nimmt die Partei an Wahlen teil. Der nächste Urnengang in Griechenland ist für den September 2019 anberaumt. SYRIZA dürfte bei den derzeitigen Umfragewerten kein Interesse haben, diese vorzuziehen.

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