»Kurz vor der Perfektion«

Jürgen Klopp besiegt mit dem FC Liverpool in der Champions League seinen Trainerkollegen Pep Guardiola und dessen übermächtig scheinende Mannschaft Manchester City

  • Ruben Stark, Liverpool
  • Lesedauer: 3 Min.

Für den sonst so aufbrausenden und leidenschaftlichen Jürgen Klopp war das ungewöhnlich. Um den Trainer des FC Liverpool tobte an der Anfield Road ein gigantischer Stimmungsorkan, man musste schon fast Sorge haben, dass der legendäre Fußballtempel dem Jubelsturm überhaupt standhält. Doch Klopp blieb vor seiner Bank beinahe regungslos. Dabei geschah gerade Unfassbares.

Drei Gegentreffer für Manchester City in 19 Minuten. Schiere Fassungslosigkeit bei Pep Guardiola. Mit 3:0 (3:0) fegten die Reds das scheinbar übermächtige, aber an diesem Abend wehrlose Manchester City des stolzen Katalanen vom Platz und stehen kurz vor dem Halbfinaleinzug in der Champions League. Klopp nahm das dritte Tor äußerlich so hin, als spiele Liverpool gerade gegen den FC Watford. Es war aber vielmehr einer der großen Favoriten in der Königsklasse, der zudem die Premier League uneinholbar anführt und schon am Sonnabend Meister werden kann.

»Das war in der ersten Hälfte kurz vor der Perfektion«, sagte Klopp über einen ersten Durchgang, in dessen Verlauf Guardiola Hören und Sehen verging. Das Erstaunliche zudem: Liverpool hatte gegen den ehemaligen Bayern-Coach das bessere taktische Konzept. Zum siebten Mal im 13. Duell Klopp versus Guardiola düpierte der frühere Dortmunder Trainer seinen spanischen Widersacher, der seine Champions-League-Seuche anscheinend aus München mit auf die Insel genommen hat. In den letzten vier Spielzeiten gab es für Guardiola im wichtigsten Wettbewerb jeweils ein Aus vor dem Finale.

Die Londoner »Times« störte sich an der Aufstellung des wirkungslosen deutschen Nationalspielers Ilkay Gündogan. Es sei ein »schrecklicher taktischer Fehler« von Guardiola gewesen, das Blatt verglich Gündogan mit der »Feder in einer Windmaschine«. Auch Leroy Sane hatte Liverpool nichts entgegenzusetzen, wenngleich der »Telegraph« meinte, der Ex-Schalker sei bei City der einzige gewesen, der annähernd gut gespielt hätte. Dabei leitete Sane doch das 0:1 mit einem schlampigen Zuspiel ein.

Vernichtend für Guardiola fiel das Urteil der Boulevardzeitung »Sun« aus. Liverpool habe ein »meisterhaftes Beispiel« dafür abgegeben, »wie man eine technisch überlegene Mannschaft wie City besiegt, mundtot macht, kastriert und besitzt.«

Trotz aller Begeisterung fand Klopp, dass die Tore von Mohamed Salah (12. Minute), Alex Oxlade-Chamberlain (21.) und Sadio Mane (31.) mitnichten die halbe Miete sind. »Das Rückspiel wird uns noch mal richtig Energie kosten. Jetzt führen wir mit 3:0, das ist besser, als 0:3 zurückzuliegen, aber es ist noch nichts entschieden«, merkte der 50-Jährige an. Nun ja, die Reds haben unter Klopp im September 0:5 bei City verloren. Aber ein zweites Mal? »Keiner glaubt mehr an uns, aber wir werden es versuchen«, gab Guardiola zu Protokoll.

Die Ereignisse dieses imposanten Fußballabends trübte der Angriff von Liverpooler Fans auf den Teambus von Manchester City mit Flaschen und Feuerwerkskörpern vor dem Spiel. Die UEFA leitete am Donnerstag ein Ermittlungsverfahren ein. Guardiola erinnerte an den Bombenanschlag auf den Bus von Borussia Dortmund vor einem Jahr und kritisierte die Sicherheitsbehörden: »Normalerweise, wenn die Polizei weiß, dass es passieren wird, verhindern sie so etwas. Ich verstehe das nicht.« Klopp entschuldigte sich aufrichtig für das Verhalten den Anhänger. SID/nd

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