Den Schlägern von Cottbus auf der Spur

Ermittler vernehmen Verdächtige im Zusammenhang mit Angriff auf Flüchtlingsunterkunft

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

Cottbus in der Silvesternacht: Am 1. Januar 2018, gegen zwei Uhr, werden drei junge afghanische Männer bei der Rückkehr von einer Feier in ihre Flüchtlingsunterkunft von mehreren Personen attackiert. Die Angreifer - die Polizei spricht später von sechs oder sieben Tätern, darunter auch Frauen - verfolgen ihre Opfer bis ins Heim, prügeln auf sie ein. Es gibt Verletzte. Die Täter, offenbar Deutsche, entkommen unerkannt. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln.

Gut vier Monate später gibt es nun nach Informationen des Rundfunks Berlin Brandenburg (rbb) erste Erfolge bei den Ermittlungen. »Es wurden mehrere Tatverdächtige festgenommen. Sie wurden zum Teil bereits vernommen«, bestätigte Oberstaatsanwalt Horst Nothbaum, stellvertretender Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Cottbus, am Freitag dem »nd«. Die Ermittlungen dauerten an, dabei gehe es weiterhin auch um die Frage, ob den Handlungen der Angreifer fremdenfeindliche Motive zugrunde lagen. Die Festnahmen, so der Sprecher, seien nach Zeugenhinweisen erfolgt.

Hilfreich war dabei eine mit richterlicher Erlaubnis Anfang Februar gestartete Öffentlichkeitsfahndung. Die Staatsanwaltschaft hatte Ermittlungen zumindest gegen sechs unbekannte Personen wegen schwerer Körperverletzung eingeleitet, denn zwei der Opfer waren durch Schläge erheblich verletzt worden. Einer der jungen Afghanen war - vermutlich mit einer Flasche - niedergeschlagen worden und soll mit gebrochenem Kiefer mehrere Tage in einem Krankenhaus behandelt worden sein. Auch von Zeugen und Flüchtlingsunterstützern erhobene Vorwürfe, wonach die Täter aus fremdenfeindlichen Motiven Gewalt ausgeübt haben sollen, werden geprüft.

Um bei der Feststellung von Tatbeteiligten voranzukommen, veröffentlichte die Polizei auf ihrer Internetseite auch sichergestellte Aufnahmen einer Überwachungskamera aus dem Eingangsbereich der Flüchtlingsunterkunft. Auf diese Weise hatte man sich Hinweise aus der Bevölkerung erhofft.

Die Ereignisse um das Cottbuser Flüchtlingsheim in der Silvesternacht waren erst mit einwöchiger Verspätung öffentlich bekannt geworden. Dazu beigetragen hatten Berichte über den unerhörten Tatverlauf und das unklare Verhalten des vor Ort eingesetzten Wachschutzes. Fest steht, dass es mehreren Verfolgern gelungen war, am Wachpersonal vorbei in das Flüchtlingsheim vorzudringen. Dort hatten sie weiter auf ihre Opfer eingeschlagen. Die Bürgerinitiative »Cottbus schaut hin« hatte in diesem Zusammenhang dem Wachpersonal vorgeworfen, es habe die Angreifer eingelassen und anschließend zugeschaut, wie Flüchtlinge verprügelt wurden. Zwei Betroffene hatten diese Vorwürfe eine Woche nach den Ereignissen Journalisten gegenüber bestätigt. In der TV-Sendung »Brandenburg aktuell« hatte zudem ein Mitglied der Bürgerinitiative erklärt, dass der Wachschutz anders hätte reagieren und alles dafür tun müssen, dass die Angreifenden das Haus nicht betreten können. Auch gab es Kritik von Zeugen, der Wachschutz habe viel zu spät die Polizei zu Hilfe gerufen - der Ruf ging dort kurz nach zwei Uhr ein.

Die Cottbuser Staatsanwaltschaft hatte, wie der rbb Anfang Februar berichtete, bei Einleitung der öffentlichen Fahndung nach den Tätern »alle anderen Beweiserhebungen« abgeschlossen. So seien nach Angaben des Leitenden Oberstaatsanwalts Bernhard Brocher auch die Vorwürfe gegen zwei Angehörige des Wachschutzes eingestellt worden, da sich kein Anfangsverdacht ergeben habe.

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