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Keine Mitschuld bei Auffahrunfall trotz überschrittener Richtgeschwindigkeit

Verkehrsrecht

  • Lesedauer: 3 Min.

Dies gilt selbst dann, wenn dieser die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h leicht überschritten hat, so das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (Az. 7 U 39/17), auf das die telefonische Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline (DAH) verweist.

Im vorliegenden Fall wechselte ein Autofahrer grundlos von der rechten auf die linke Spur der Autobahn. Weder zeigte er den Spurwechsel rechtzeitig an noch beachtete er dabei den rückwärtigen Verkehr. Die Folge: Ein auf der linken Spur fahrender Verkehrsteilnehmer konnte dem Pkw nicht mehr ausweichen, so dass es zum Auffahrunfall kam.

Der Fahrer des ersten Pkw argumentierte vor Gericht, dass dem auffahrenden Autofahrer eine Mithaftung in Höhe von 25 Prozent zuzuschreiben sei. Als Grund dafür gab er an, dass dieser die vorgegebene Richtgeschwindigkeit von 130 km/h um 20 km/h überschritten hätte.

Das Gericht sprach den auffahrenden Autofahrer von einer Mithaftung frei. Die Autobahn wäre frei gewesen und auch die Sicht und Straßenverhältnisse hätten nicht gegen eine maßvoll überschrittene Richtgeschwindigkeit gesprochen. »Der auffahrende Autofahrer musste unter diesen Umständen nicht damit rechnen, dass der andere Verkehrsteilnehmer spontan und ohne jeglichen Grund auf die linke Spur wechselt«, erklärte dazu Rechtsanwalt Volker Scheinert. Das Überschreiten der Richtgeschwindigkeit habe in diesem Fall keine erhöhte Gefahr dargestellt.

Kein Ersatzmietwagen nach einem Unfall

Wer unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt ist, hat nicht immer das Recht auf einen Ersatzmietwagen.

Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (Az. 7 U 46/17) hervor. Dabei verwies das Gericht darauf, dass bei geringer Fahrleistung auch bereits ein finanzieller Ausgleich genügen könne.

Wie die telefonische Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline (DAH) berichtet, kam es im Februar 2016 zu einem Verkehrsunfall, an welchem einer der beiden Beteiligten die alleinige Schuld trug. Da sein beschädigtes Fahrzeug in die Werkstatt musste, mietete der am Unfall schuldlose 76-Jährige einen Kleinwagen.

Eine vorherige Schadenbegutachtung führte zu dem Ergebnis, dass sich die Reparaturkosten auf rund 4300 Euro belaufen würden. Der Wiederbeschaffungswert lag bei 3900 Euro. Allerdings erhielt er erst nach elf Tagen sein repariertes Fahrzeug zurück. Mit dem Mietwagen fuhr er in dieser Zeit weniger als 20 Kilometer am Tag und musste 1230 Euro dafür bezahlen. Dieses Geld wollte der Rentner nun vom Unfallverursacher erstattet haben.

Das Oberlandesgericht versagte ihm allerdings das Geld. Der Mann hätte für die geringe Strecke in elf Tagen auch auf ein Taxi zurückgreifen können, zumal er beruflich nicht auf das Auto angewiesen war. Stattdessen nutzte er einen Mietwagen, der 111 Euro am Tag kostete.

»Der Rentner kam seiner gesetzlichen Pflicht, den Schaden möglichst gering zu halten, somit nicht nach«, erklärt dazu Rechtsanwalt Volker Scheinert. Zwar habe der Mann darauf geachtet, nicht mehr als die gesetzlich vorgeschriebenen 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes bei den Reparaturkosten zu überschreiten. Doch mit dem Mietwagen zusammen - und das hätte der Mann berücksichtigen müssen - sei diese Grenze überschritten. Das Gericht sprach dem Kläger stattdessen eine Entschädigungszahlung des Unfallverursachers von insgesamt 115 Euro zu - das entspricht fünf Tage zu je 23 Euro. DAH/nd

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