Macron sieht Atomabkommen vor dem Aus

Französischer Präsident rechnet mit Aufkündigung durch Trump / Merkel soll bei ihrem anstehenden Besuch für ein Beibehalten eintreten

  • Lesedauer: 3 Min.

Washington. Der französische Präsident Emmanuel Macron hat sich zum Abschluss seines USA-Besuchs äußerst pessimistisch zur Zukunft des Iran-Abkommens geäußert. Macron machte am Mittwoch in Washington deutlich, dass er mit einer Aufkündigung der Vereinbarung durch US-Präsident Donald Trump rechnet: »Die rationale Analyse aller seiner Aussagen lässt mich nicht glauben, dass er alles dafür tun wird, es beizubehalten.«

»Ich habe keinerlei Insider-Information«, beteuerte Macron nach seinen Gesprächen mit Trump. Er habe aber den Eindruck, dass der US-Präsident »nicht besonders erpicht darauf ist, es zu verteidigen«, sagte Macron mit Blick auf das Abkommen.

Auf die Frage, ob er eine solche Entscheidung als persönliche Niederlage empfinden würde, sagte Macron, es sei nicht seine Aufgabe, Trump zu überzeugen. »Ich versuche zu zeigen, dass dieses Abkommen Sinn ergibt.« US-Medien hatten Macron zuvor mit den Worten zitiert, Trump werde das Abkommen »aus innenpolitischen Gründen« aufkündigen.

Trump droht mit dem Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran, sollte die Besorgnis über das iranische Raketenprogramm und die Rolle des Landes in regionalen Konflikten nicht stärker thematisiert werden. Er muss bis zum 12. Mai aufgrund der Vorgaben eines US-Gesetzes entscheiden, ob er die im Rahmen der Atom-Vereinbarung ausgesetzten Sanktionen gegen Iran wieder in Kraft setzt oder nicht.

Das Abkommen war nach langen Verhandlungen 2015 zustande gekommen. Dabei geht es um eine Verpflichtung des Irans zur rein zivilen Nutzung von Atomkraft. Trump stand dem Abkommen von Anfang an skeptisch gegenüber.

Zwar versuchen die Europäer, Trump davon zu überzeugen, die Vereinbarung beizubehalten. Macron signalisierte Trump während seines dreitägigen Staatsbesuchs in den USA aber Entgegenkommen. Beide plädierten am Dienstag dafür, mit dem Iran ein »neues Abkommen« auszuarbeiten, welches die derzeitige Vereinbarung beinhalten würde. Das 2015 beschlossene Atomabkommen wäre demnach der erste von insgesamt vier Pfeilern eines künftigen Abkommens mit dem Iran.

»Für mich ist das ein Fortschritt«, sagte Macron. Dies würde einen »Fall in völlige Ungewissheit« verhindern, falls die USA einen Austritt vollziehen würden, sagte der französische Präsident. Der Iran und auch Russland lehnen ein neues Abkommen strikt ab.

Der SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen forderte am Donnerstag ein Festhalten Europas am Atomabkommen mit dem Iran. »Die Europäer wären gut beraten, an diesem Abkommen wirklich festzuhalten, so wie es auch vereinbart wurde, und nicht zu wackeln«, sagte Leinen dem Süd-Westdeutschen Rundfunk. »Wir wären töricht, nachdem das Jahre gedauert hat, mit dem Iran einen Deal zu bekommen, das jetzt in den Mülleimer zu werfen.«

Das Atomabkommen mit Iran, das auch Deutschland unterzeichnet hat, dürfte ein wichtiges Thema bei der USA-Reise von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) werden. Merkel trifft Trump am Freitag im Weißen Haus.

Der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer (CDU), sagte dem »Kölner Stadt-Anzeiger«, Merkel und Macron könnten bei Trump »im Tandem« am meisten erreichen. »Macron ist auf der persönlichen Ebene etwas näher an Trump dran.« Merkel wiederum könne mit ihrer Beharrlichkeit und ihrer pragmatischen Art besonders gut die Sachthemen vorantreiben. AFP/nd

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