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  • Hauptversammlung der Rheinmetall AG

Tote in Jemen - Geld für Rheinmetall

Strafanzeige gegen Tochter des Rüstungskonzerns, weil mit deren Waffen in Jemen Zivilisten getötet wurden

  • Alexander Isele
  • Lesedauer: 3 Min.

Auch wenn die Werbevideos von Armeen und Rüstungskonzernen mit den immer neuesten Generationen von Präzisionswaffen gerne etwas anderes vormachen: Waffen zerstören nicht nur Gebäude und Maschinen, sondern töten auch Menschen. In Jemen herrscht seit drei Jahren Krieg, UN-Generalsekretär António Guterres nannte die Zustände in dem Land im März »die weltweit schlimmste humanitäre Krise«.

In Berlin haben am Montag Menschenrechtsgruppen den Rüstungskonzern Rheinmetall wegen seiner Rolle im Krieg in Jemen angeklagt. Einen Tag vor der Hauptversammlung des Düsseldorfer Rüstungsherstellers in Berlin bezichtigten sie Rheinmetall, über Tochterfirmen in den Jemen-Konflikt verstrickt zu sein. In Italien steht die Rheinmetall AG durch eine Strafanzeige gegen ihre Tochterfirma RWM Italia auch juristisch unter Druck.

Auf einer Pressekonferenz im Vorfeld der Aktionärsversammlung berichtete die jemenitische Menschenrechtlerin Bonyan Gamal von einem Bombenangriff auf das Dorf Deir Al-Hajārī im Oktober 2016, bei dem eine sechsköpfige Familie getötet wurde. Mitarbeiter der Nichtregierungsorganisation (NGO) Mwatana Organization for Human Rights fanden am Tatort Überreste von Bomben. Mindestens eines der Teile stammte aus der Produktion von RWM Italia. Mit solch akribischer Arbeit identifiziert die Nichtregierungsorganisation die Waffenlieferanten, »die lieber anonym bleiben wollen«. Die gefundenen Waffenreste erlauben, so Gamal, mit Gewissheit zu sagen, »dass diese Firmen Profit aus dem verheerenden Krieg gegen den Jemen ziehen«.

Gemeinsam mit dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und einem italienischen Partner hat Mwatana Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Rom eingereicht. Die italienische Justiz solle die Verantwortung der Geschäftsführer von RWM Italia und der zuständigen italienischen Waffenexportbehörde klären. Christian Schliemann vom ECCHR sagte dazu auf der Pressekonferenz: »Trotz zahlreicher Warnungen, dass die Bombardements des Militärbündnisses im Jemen zum Tod zahlloser Zivilisten führen und immer wieder gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen, liefern Firmen wie RWM Italia weiter Bomben an Saudi-Arabien.«

Otfried Nassauer vom Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit kritisierte auf der Pressekonferenz, dass es sich bei dem Angriff mit Rheinmetall-Waffen keinesfalls um einen Einzelfall handelt. Rheinmetall nutze seine Tochterunternehmen und Joint-Ventures im Ausland, um Munition für den Krieg in Jemen zu liefern und so Gewinn zu machen. Der Konzern »liefert sogar ganze Munitionsfabriken an Staaten, die an diesem Krieg beteiligt sind«, so Nassauer. Seit 2013 habe Saudi-Arabien direkt oder indirekt genehmigte Munitionslieferungen durch RWM Italia im Wert von mehr als 500 Millionen Euro erhalten. Und RDM, ein südafrikanisches Joint-Venture von Rheinmetall, habe zudem die Lieferung von Zehntausenden Mörsergranaten, Tausenden Artilleriegeschossen und mehr als 12 000 Bomben an die Kriegspartei Vereinigte Arabische Emirate genehmigt bekommen.

Barbara Happe von der NGO Urgewald kritisierte auch die Bundesregierung, die sich mitschuldig mache, wenn sie ihre Exportrichtlinien nicht weiter schärfe: »Es geht nicht nur darum, Exporte von Deutschland an die kriegsbeteiligten Staaten im Jemen zu unterbinden, sondern auch darum, Zulieferungen über das Ausland oder Rüstungs-Joint-Ventures außerhalb Deutschlands einen Riegel vorzuschieben.«

Die Große Koalition hatte sich im Koalitionsvertrag zwar auf die Formulierung verständigt, dass die Bundesregierung »ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen« wird, »so lange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind«. Allerdings sollen dabei Firmen »Vertrauensschutz« erhalten, »sofern sie nachweisen, dass bereits genehmigte Lieferungen ausschließlich im Empfängerland verbleiben«. Eine unzureichende Einschränkung, die den Export von Waffen an Kriegsparteien in Jemen nur unbefriedigend einschränkt.

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