Spaniens Regierungschef wird wieder Grundbuchverwalter

Rajoy drei Wochen nach seiner Abwahl als spanischer Ministerpräsident wieder zurück in seinem Heimatort Santa Pola

  • Heinz Krieger, Santa Pola
  • Lesedauer: 2 Min.

Um 7.15 Uhr geht ein hochgewachsener Mann am Meer spazieren, nachdem er im Vier-Sterne-Hotel am Postiguet-Strand von Alicante gefrühstückt hat. Das wirbt mit dem Slogan »Arbeiten und Entspannen direkt am Strand«. Der Mann mit dem grauen Vollbart, der die Narbe von einem Fahrradunfall in jungen Jahren verdeckt, hält sich daran. Er geht danach zur Arbeit. Pünktlich um neun Uhr betritt er das Liegenschaftsamt Nummer eins in Santa Pola.

Der Mann ist Mariano Rajoy. Am 1. Juni wurde er durch eine Koalition von linken und Regionalparteien im Madrider Parlament gestürzt. Der abgesetzte Premier zog sofort aus dem Regierungspalast aus, legte den Vorsitz seiner Volkspartei (PP) nieder und verzichtete auf sein Abgeordnetenmandat. Er »blättert eine Seite um«. »Pasar página« heißt eigentlich nur, eine Seite in einem Buch umblättern. Spanier verstehen darunter, etwas endgültig abzuschließen und etwas Neues anzufangen.

Ganz so neu ist die Arbeit im Liegenschaftsamt für Rajoy nicht. Von 1987 bis 1989 leitete er die Behörde in Santa Pola. Als er in die Politik ging, 1989 ins Parlament kam, dann Minister für öffentliche Verwaltung, später für Bildung und dann Innenminister und am 20. Dezember 2011 Regierungschef wurde, ließ er den Beamtenjob in der Provinz Alicante ruhen. Jetzt beginnt er da, wo er damals aufhörte.

»Presidente, Presidente« rufen die Menschen vor dem Amtsgebäude in der Soriastraße 1, nur wenige Schritte von der Promenade des Sporthafens entfernt. Dass Rajoy nach Santa Pola zum Arbeiten kommt, hat sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen. Natürlich sind auch Reporter da, die ihn nach seiner Haltung im Kampf um seine Nachfolge an der Spitze der PP mit immerhin 860 000 Mitgliedern fragen. Der 63-jährige Galicier sagt trocken: »Das Leben geht weiter, und die PP ist eine großartige Partei«, nickt freundlich und verschwindet in der Tür des sandrotgestrichenen sechsstöckigen Gebäudes. Von 9 bis 17 Uhr dauert seine Arbeitszeit.

Wie die der anderen Mitarbeiter im »Registro de la Propriedad 01« auch. In der 33 000 Einwohner zählenden Küstenstadt gibt es zwei solche Register. Denn im Sommer verdreifacht sich die Zahl der Einwohner, meist Spanier, die hier eine Ferienwohnung haben. Sieben Mitarbeiter hat Rajoy jetzt, als Premier war er Chef von 200 000 Beamten in der Staatsverwaltung. Francisco Riquelme hat das Amt in den vergangenen 28 Jahren anstelle des beurlaubten Rajoy geführt. Er ist ein alter Freund aus jenen Tagen. Am Dienstag hat der graubärtige Beamte, der dem langen Rajoy nur bis zur Schulter reicht, den Mitarbeitern »den Neuen« vorgestellt.

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