Klage gegen Staatstrojaner

Beschwerdeführer wollen Einschränkungen und Nachbesserungen

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Knapp ein Jahr nach Inkrafttreten des sogenannten Staatstrojaners hat eine Gruppe von Beschwerdeführern Verfassungsbeschwerde gegen das staatliche Überwachungsinstrument angekündigt. Der ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt, der in Deutschland im Exil lebende türkische Journalist Can Dündar, Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz und ein Berliner Strafverteidiger sind die Beschwerdeführer, wie die bei der Verfassungsbeschwerde koordinierende Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) am Montag mitteilte.

Die Verfassungsbeschwerde soll demnach in den kommenden Tagen vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt werden. Der GFF-Vorsitzende Ulf Buermeyer sagte, die Beschwerde ziele auf zwei durch das Gesetz entstandene Probleme.

Während früher der Staatstrojaner nur zur Gefahrenabwehr in absoluten Ausnahmen einsetzbar gewesen sei, sei er durch die Gesetzesneuformulierung nun zu einer »Standardmaßnahme der Strafverfolgungsmaßnahmen« geworden. Theoretisch hätten die Behörden bei den fast 40 000 im Jahr 2016 angeordneten Telefonüberwachungen auch Staatstrojaner einsetzen dürfen. Damit habe der Gesetzgeber gegen die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts verstoßen, solche Überwachungsmaßnahmen nur zurückhaltend einzusetzen.

»Der zweite Grund für die Verfassungsbeschwerde ist, dass der Gesetzgeber den Trojanereinsatz nicht durch Präventionsmaßnahmen für die IT-Sicherheit flankiert hat«, sagte Buermeyer. Wünschenswert wäre, wenn die Ermittler ihnen auffallende Sicherheitslücken an die Softwarehersteller melden müssen, damit diese Fehler behoben werden. »Weil jetzt Trojaner auf breiter Front eingesetzt werden können, gibt es aber den starken Anreiz, die Sicherheitslücken nicht zu schließen.«

Buermeyer sagte, diesen starken Anreiz habe der Gesetzgeber nicht in den Blick genommen. So könne nicht nur das Bundeskriminalamt die Sicherheitslücken ausnutzen, sondern auch beliebige Dritte. Der GFF-Vorsitzende erinnerte an den WannaCry-Fall aus dem Mai vergangenen Jahres. In diesem Fall hatte der US-Geheimdienst NSA Kenntnis von einer Sicherheitslücke im Microsoft-Betriebssystem Windows, ohne diese zu melden. Dadurch konnte der Cyberangriff vor gut einem Jahr nicht verhindert werden. »Das kann auch bei uns jederzeit passieren, wenn deutsche Sicherheitsbehörden die Sicherheitslücken geheim halten werden«, sagte Buermeyer. AFP/nd

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