Wo liegen rechtliche Grenzen?

Wenn der Arbeitgeber Mitarbeiter bespitzelt

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Eine dauerhafte und intensive Beschattung von Mitarbeitern durch Privatdetektive stellt einen schwerwiegenden Eingriff in deren Persönlichkeitsrecht dar. Das hat das Landesarbeitsgericht in Erfurt (Az. 6 Sa199/18) betont.

In dem Prozess ging es um die Beschattung eines Logistikmitarbeiters im Auftrag seiner Vorgesetzten. Der Mann hatte in seiner Bespitzelung durch Privatdetektive einen unzulässigen Eingriff in seine Privatsphäre gesehen und verlangte vom Arbeitgeber eine Entschädigung. In einem früheren Urteil waren ihm deshalb 1500 Euro zugesprochen worden. Dagegen wehrte sich das Unternehmen.

»Das, was beobachtet wurde, hätte nicht beobachtet werden dürfen«, sagte der Vorsitzende Richter. Auch nach Einschätzung des Präsidenten des Bundesverband Deutscher Detektive (BDD), Raoul Classen, waren die Privatermittler mit ihrer Arbeit in diesem Fall übers Ziel hinaus geschossen.

Der Arbeitgeber hatte 2016 eine Detektei eingeschaltet. Er vermutete, dass der Mitarbeiter eine Krankschreibung über zwei Monate statt zur Genesung für Umbauarbeiten an seinem Haus nutzte. Die Privatermittler hatten den Mann daraufhin drei Tage lang observiert und dabei auch Fotos von ihm im Haus gemacht - einem besonders geschützten Bereich also.

Es handele es sich in diesem Fall um einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Mannes, bestätigte das Gericht. Daher gehe die Kammer davon aus, dass zumindest dem Grunde nach ein Anspruch auf Entschädigung seitens des Mitarbeiters gegeben sei. Auch der Staat dürfe nur in speziellen Fällen, etwa um Sprengstoffattentate oder ähnliche Gefahren zu verhindern, längerfristige Observationen durch die Polizei durchführen.

Ein Urteil gab es in diesem Fall nicht: Beide Seiten hatten einen Vergleich geschlossen. Es wurde eine Entschädigung von 1200 Euro gezahlt.

Nach einem vorinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Erfurt (Az. 7 Ca 2571/16) hatte sich der Kläger erfolgreich gegen eine Kündigung gewehrt, weshalb er weiter bei dem Logistikunternehmen angestellt ist. In Berufung ging der Arbeitgeber wegen der Entschädigungszahlung.

Ein Arbeitgeber darf in der Regel nur dann einen Privatdetektiv einschalten, wenn ein begründeter Verdacht einer Straftat oder einer schweren arbeitsrechtlichen Verfehlung gegenüber eines Mitarbeiters vorliegt, erklärte das Gericht. Im konkreten Fall hatte der Arbeitgeber nach Hinweisen eines flüchtigen Bekannten gehandelt.

Es sei legitim, dass Arbeitgeber etwa in Fällen mit negativen Einfluss auf den Betriebsfrieden einem konkreten Verdacht nachgehen. Grundsätzlich mache der Gesetzgeber aber klare Vorgaben darüber, wann es erlaubt sei, einen privaten Ermittler einzuschalten.

In der Rechtsprechung ist es so, dass Gerichte etwaige Beweisfotos aus Observationen ohnehin selten zulassen. Ein Protokoll des Gesehenen reiche dafür meistens aus. dpa/nd

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