Literweise Forschungsmaterial

Wasserproben können viel über einen See verraten - nicht nur über die Wasserqualität, sondern auch über die darin lebenden Tiere. Von Eva Krafczyk

  • Lesedauer: 3 Min.

Um das Vorkommen südamerikanischer Frösche zu untersuchen, setzte Martin Jansen von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung bislang auf die Kakophonie am Tümpel und eigene Anschauung: Er identifizierte Froscharten in Bolivien anhand von Sichtungen und Froschrufen. Mit seinem Kollegen Miklós Bálint und anderen Mitarbeitern hat der Forscher nun nachgewiesen, dass dies mit Wasserproben ebenso zuverlässig geht, und dazu effizienter: Gewissermaßen literweise erhalten die Wissenschaftler Forschungsmaterial. Denn auch Kot, Hautpartikel und ähnliche Stoffe, die Erbgut - sogenannte Umwelt-DNA - enthalten, befinden sich im Teichwasser.

»Eine Wasserprobe enthält eine Ansammlung organischen Materials der Frösche, die sich im Teich aufgehalten haben. Aus diesem Potpourri kann man das Erbgut der Frösche isolieren und mit Datenbanken abgleichen, um die Arten nachzuweisen«, erklärt Bálint, der am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) in Frankfurt arbeitet. Schon kleine Erbgutsequenzen genügten, um einzelne Arten zuverlässig zu bestimmen. Da die Wissenschaftler bereits seit mehreren Jahren in Bolivien forschen, sind die Voraussetzungen für die Erfassung gut: Es gebe bereits sehr gutes Datenmaterial zu den dort lebenden Arten, so Jansen.

Im Fachjournal »Molecular Ecology Resources« (DOI: 10.1111/1755-0998.12934) stellen die Wissenschaftler ihrer Ergebnisse vor. Schon zwei Liter Teichwasser genügten, um Arten zu bestimmen. Das Forscherteam sammelte Wasserproben aus fünf Teichen in der bolivianischen Savanne und isolierte und sequenzierte anschließend die darin enthaltene Frosch-DNA. Die genetischen Spuren konnten sie 25 Froscharten zuordnen. Sechs davon wurden sogar nur mittels ihrer Erbgut-Hinterlassenschaften aufgespürt.

»Anhand ihrer Umwelt-DNA im Teichwasser konnten wir Froscharten nachweisen, die wir nicht aufgrund ihres Quakens erfasst haben oder erspähen konnten - beispielsweise weil sie noch im Larvenstadium waren oder es sich um Einzeltiere handelte«, sagt Bálint. Allerdings hat auch diese Methode Einschränkungen, so Jansen: »Wenn ein Frosch nur am Teichrand sitzt und nie mit dem Wasser in Berührung kommt, finden wir ihn auch nicht in der Wasserprobe.«

Grundsätzlich neu ist das Arbeiten mit Umwelt-DNA nicht. Doch Bálint und Jansen heben im Vergleich zu herkömmlichen Untersuchungsmethoden vor allem die Effizienz der Erfassung in Gebieten mit großer Artenvielfalt hervor. »In den Tropen gibt es bislang kaum flächendeckende wissenschaftliche Untersuchungen zum Vorkommen von Organismen. Ich könnte mir daher vorstellen, dass wir Wasserproben aus 10 000 Teichen im Regenwald und der Savanne nehmen und mittels Umwelt-DNA damit das Vorkommen der Frösche in bisher unerreichter Detailtiefe erforschen«, sagt Bálint zum Potenzial der Methode.

»Wir wollen die Methode auch hier in Deutschland, besonders in Hessen, anwenden«, sagt Jansen. »In zwei Wochen Feldarbeit lässt sich ein unglaublich großes Gebiet abdecken. Wir haben dann in relativ schneller Zeit Ergebnisse, was in diesem oder jenem Tümpel lebt.«

Wenn das Vorkommen von Fröschen in Teichen relativ zügig erfasst werden kann, lässt sich auch rascher feststellen, welche Auswirkungen ein trockener und heißer Sommer wie der diesjährige für Teichbewohner hat. Und was das wiederum für Froschjäger wie etwa Störche bedeutet.

Und auch für die Ausweisung von Schutzgebieten wären Monitoring-Ergebnisse von Bedeutung. Denn so könnte man feststellen, welche Gebiete besonders viele oder besonders seltene Arten beheimaten - und daher besonderen Schutz benötigen. dpa/nd

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