Antifaschismus mit Erfolg

An der Berliner Humboldt-Universität diskutierten 400 Konferenzteilnehmer*innen Strategien gegen den Rechtsruck

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Antifa muss nicht nur bedeuten, einen frustrierenden Abwehrkampf zu führen. Ein antifaschistisches Selbstverständnis kann ebenso umfassen, auf eine solidarische Gesellschaft ohne Gewalt und Ausbeutung hinzuarbeiten - und vielleicht sogar zu siegen. Dies war der Gedanke hinter der dritten bundesweiten Konferenz der antifaschistischen Kampagne »Nationalismus ist keine Alternative« (NIKA), die von Freitag bis Sonntag in der Berliner Humboldt-Universität stattfand. Das bewusst nach vorne gerichtete Motto: »Wie wir gewinnen«. Nach Angaben von NIKA wurde die Konferenz von etwa 400 Teilnehmer*innen besucht.

Aktivist*innen hatten im Rahmen der Kampagne in den vergangenen drei Jahren zahlreiche Aktionen und Blockaden gegen die AfD wie auch die Regierungsparteien durchgeführt. Ihr Erkennungszeichen waren weiße Maleranzüge. Auf Podien und in Workshops werteten die Antifaschist*innen ihre bisherigen Erfahrungen aus. In den Diskussionsrunden ging es etwa um die Frage, ob es mehr Klassenkampf gegen den Rechtsruck brauche. »Bei den Hartz-IV-Protesten haben wir Linke es verbockt«, sagte der Teilnehmer Jan. Überlegt wurde, ob man beispielsweise am 1. Mai einen europaweiten »ungehorsamen Karneval der Vielen in den Vierteln der Wenigen« organisieren solle. Am Freitag berichteten Aktivist*innen aus England, Österreich, Italien und Tschechien über die dortigen Kämpfe.

Auf der Konferenz gab es nicht nur Theorie: Am Samstagabend zog eine Demonstration unter dem Motto »Kein Raum der AfD« mit mehreren Hundert Teilnehmer*innen durch Mitte. Die Antifaschist*innen kritisierten die Restaurants »Kartoffelkeller« und »La Parrilla« in der Albrechtstraße dafür, dass sie der Rechtsaußenpartei in ihren Häusern Treffen ermöglichen.

Am Ende der Demonstration nahm die Polizei eine Person in Gewahrsam, die an der Moderation des Lautsprecherwagens beteiligt gewesen sein soll. »Ein solches Vorgehen ist zutiefst besorgniserregend, da die Moderation einer angemeldeten Versammlung keine Straftat darstellt«, sagte NIKA-Sprecherin Ulrike Sommer gegenüber »nd«.

Auf dem Samstagspodium ging es um die Lage in Deutschland. Die Aktivistin Kerstin Wolter sprach über die Pläne des Frauenstreikbündnisses, Massimo Perinelli, Mitinitiator des Tribunals »NSU-Komplex auflösen«, über migrantische Perspektiven, der Aktivist Tim Jonas berichtete von der Kampagne gegen das neue Polizeiaufgabengesetz in Bayern im Kontext der dortigen Landtagswahlen. Wolter forderte die Aktivist*innen auf, ihre akademische Blase zu verlassen und andere Milieus anzusprechen. »Ein linkes Projekt kann nicht nur auf großen Demos sichtbar sein, langfristig kommen wir nicht an einer gesellschaftlichen Verankerung vorbei«, sagte Wolter. Das Frauenstreikbündnis führe derzeit etwa Gespräche mit Gewerkschaften, um dieses Ziel zu erreichen.

Auf den Planungstreffen am Sonntag wurde von den Konferenzteilnehmer*innen beschlossen, sich mit Aktionen an dem Frauenstreik am 8. März zu beteiligen. Man wolle in diesem Rahmen den »Antifeminismus der neuen Rechten angreifen«, sagte Sommer. Die Antifaschist*innen wollen ebenso zu den Europawahlen und den ostdeutschen Landtagswahlen arbeiten. »Das bedeutet, sich viel mit der AfD zu beschäftigen, aber auch mit der europäischen Grenzpolitik.«

Abseits des Polizeieinsatzes bei der Demonstration sei die Konferenz ein »voller Erfolg« gewesen, sagte NIKA-Sprecherin Sommer. Der Frage, wie man gewinnen könne, sei man »ein Stück näher gekommen«.

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