Missbrauch programmiert

Marie Frank will nicht, dass alle ihre Daten analysiert werden

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 2 Min.

Korruption ist ein schwierig aufzuklärendes Verbrechen, für das sich nur selten Zeug*innen finden, denn meist haben weder die Bestochenen noch die Bestechenden ein Interesse daran, dass die Vorgänge zu Anzeige kommen. Neue Wege sind also gefragt, um Licht ins große Dunkelfeld Korruption zu bringen.

Forensische Datenanalyse heißt das neue Zaubermittel, mit dem bislang unentdeckte Bestechlichkeiten identifiziert werden sollen. In der Privatwirtschaft ist dieses Kontrollsystem, das durch einen Datenabgleich verdächtige Handlungen aufdecken soll, schon länger im Einsatz. Nun soll es auch in den Berliner Bezirksämtern und Senatsverwaltungen eingesetzt werden, um Betrugsfälle, etwa in der Pflege, bei der Unterbringung von Geflüchteten oder in der Baubranche, also in besonders korruptionsgefährdeten Bereichen, nachweisen zu können.

Doch es sind eben nicht nur die Verwaltung und Unternehmen, deren Daten unter die Lupe genommen werden sollen, sondern auch unbescholtene Bürger*innen. So soll mit dem neuen Kontrollsystem auch der Missbrauch von Transferleistungen beispielsweise durch Mehrfachbezug verhindert werden. Das macht stutzig, schließlich hat das erst einmal wenig mit Korruption zu tun. Es steht zu befürchten, dass die forensische Datenanalyse weniger dazu dient, Wirtschaftskriminellen oder anderen korrupten Verbrecher*innen auf die Spur zu kommen, sondern vielmehr der verstärkten Überwachung und Sanktionierung von Sozialhilfeempfänger*innen, die dadurch unter Generalverdacht gestellt werden.

Es ist ohnehin fraglich, ob mit der Einführung der Datenanalyse, von der niemand sagen kann, was sie eigentlich genau kosten wird, wirklich mehr Korruption entdeckt werden kann - schließlich können die Täter*innen einfach auf Bargeldzahlungen umsteigen. Ist das Instrument jedoch erst einmal da, kann es prima für andere Zwecke eingesetzt werden.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal