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Räumungsklage an Potse zugestellt

Besetztes Jugendzentrum in Schöneberg erhebt Vorwürfe gegen die SPD

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 3 Min.

Fast ein halbes Jahr, nachdem die Potse, das älteste Jugendzentrum Berlins, die Schlüsselübergabe für die Räume in der Potsdamer Straße 180 verweigert hat, wurde ihnen nun die Räumungsklage zugestellt. Die Kollektive Potse und Drugstore kritisieren in einer Mitteilung, dass sie aus den Räumlichkeiten ausziehen sollen, obwohl keine Ersatzräume zur Verfügung stünden. »In vorauseilendem Gehorsam hat der Jugendstadtrat für den Bezirk Tempelhof-Schöneberg eine Räumungsklage gegen das selbstverwaltete und autonome Jugendzentrum Potse eingereicht, obwohl er in vorherigen Gesprächen und Interviews beteuert hat, dass niemandem (inklusive ihm) an einer Räumung gelegen sei«, kritisieren die Jugendlichen am Mittwochnachmittag.

Jugendstadtrat Oliver Schworck (SPD) zeigte sich am Donnerstag irritiert von den Äußerungen der Jugendlichen. So zahle der Bezirk seit Auslaufen des Mietvertrags Ende Dezember letzten Jahres jeden Monat Schadenersatzzahlungen für entgangene Mieteinnahmen an den Eigentümer. Da er aber ohne Sachgrund nicht einfach Steuergelder ausgeben dürfe, seien ihm die Hände gebunden: »Irgendwann muss ich tätig werden«, so Schworck zu »nd«. Das habe er den Jugendlichen im Plenum auch mitgeteilt.

Sorge bereitet dem Stadtrat zudem die Fokussierung auf seine Person. In dem Schreiben wird er gemeinsam mit Finanzsenator Matthias Kollatz (ebenfalls SPD) namentlich genannt und verantwortlich gemacht. »Das war keine persönliche Entscheidung und hat mit mir überhaupt nichts zu tun«, so Schworck, der Sorge vor den Reaktionen der Sympathisant*innen hat. So sei es in den letzten Monaten zu etlichen Sachbeschädigungen bei »Rent 24« gekommen. Es kursieren Gerüchte, dass die Firma, die in Berlin mehrere Co-Living und Working-Spaces betreibt, die Räume übernehmen wolle. Schworck befürchtet, nun selbst zum Ziel zu werden.

Die Kollektive von Potse und Drugstore fordern nun, dass ihnen als »mittelfristiges Ersatzobjekt für Konzerte und Proben« die ehemalige Deutsche Bank Filiale im Finanzamt in der Potsdamer Straße 140 zur Verfügung gestellt wird. Die Räume werden zurzeit für die Steuerprüfungsbehörde umgebaut. Als langfristiges Ersatzobjekt kommt für die Jugendlichen nur der Hochbunker in der Pallasstraße infrage. Der ist laut Stadtrat Schworck jedoch nicht geeignet: »Ich habe schon vor Wochen gesagt, dass der nicht infrage kommt, weil dort 90 Prozent Luftfeuchtigkeit herrschen und der Keller feucht ist«, so Schworck.

Laut Schworck ist der Bezirk nach wie vor auf der Suche nach geeigneten Ersatzobjekten. Sollte das Gericht jedoch einen Räumungstitel aussprechen und bis dahin nichts gefunden werden, bleibe nur die Räumung - außer die Jugendlichen gehen freiwillig. Danach sieht es zurzeit aber nicht aus: »Die Potse bleibt so lange in der Potsdamer Straße 180, bis es adäquate Ersatzräume für beide Jugendzentren gibt«, ließen die Kollektive wissen.

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