Platz am Wasser wird nicht verbaut

Rot-Rot einigt sich auf Kompromisse am Spittel- und Molkenmarkt / Planwerk wird überarbeitet

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Knapp zehn Jahre nach Verabschiedung des »Planwerks Innenstadt« soll das städtebauliche Leitbild zur Umgestaltung der Innenstadt überarbeitet und den Realitäten angepasst werden. Darauf haben sich die Koalitionsfraktionen von SPD und Linkspartei verständigt. Letztere ist vor allem mit den aktuellen Umbauplänen für den Molken- und Spittelmarkt unzufrieden. Ihr stadtentwicklungspolitischer Sprecher Thomas Flierl moniert schon seit langem die »interne Korrektur der Pläne ohne parlamentarische Debatte«.

Auf Druck der LINKEN verständigten sich die Fraktionen jetzt darauf, dass Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) im ersten Halbjahr 2009 eine aktuelle Planwerksversion vorlegt, in der auch die Anpassungen enthalten sein sollen. So hat sich der Bezirk Mitte längst vom einst geplanten Durchbruch der Landsberger Allee zum Alex verabschiedet und sieht stattdessen lediglich einen Rad- und Fußweg vor. Auch die Fischerinsel mit ihren Hochhäusern ist entgegen den Planwerksintentionen nicht weiter bebaut worden.

Eine Einigung gab es auch beim Spittelmarkt. Durch Verengung und Verschwenken der Leipziger / Gertraudenstraße nach Norden soll hier der alte Marktplatz wiederentstehen, mit einem achtgeschossigen Gebäude direkt vor dem Spreekanal. Die Linksfraktion setzte sich mit ihrer Forderung nach Verzicht auf diesen Querriegel durch. »Die Stadt soll sich zum Wasser öffnen und nicht abschotten«, sagt Flierl. Die Stadt habe jetzt die Chance auf einen grünen öffentlichen Platz, und der Blick auf das »Stadtpanorama« einschließlich der DDR-Moderne auf der Fischerinsel werde nicht verbaut.

Um die historische Straßenführung und auch den Bau einer Straßenbahntrasse zu ermöglichen, müssten laut Planwerk sowohl die alte, heute für Fußgänger reservierte Gertraudenbrücke, als auch die Autobrücke aus den 70er Jahren abgerissen und neu gebaut werden. Die Kosten werden auf etwa 20 Millionen Euro geschätzt. Die LINKE lehnt zumindest den Abriss der alten, denkmalgeschützten Brücke ab. Die Stadtentwicklungsverwaltung soll jetzt prüfen, ob der Neubau einer Brücke unter Verwendung »identitätsstiftender Elemente« des alten Bauwerks oder dessen Erhalt und Neubau einer parallelen neuen Brücke günstiger ist.

Auch am Molkenmarkt sollen die autobahnähnlichen Straßen enger und neu geführt werden, damit hier das Klosterviertel, eines der ältesten Teile Berlins, zu neuem Leben erweckt werden kann. Hier ist ein komplett neues Stadtviertel geplant. Sogar vor dem Alten Stadthaus, heute Sitz des Innensenators, ist ein Häuserblock vorgesehen, der denkmalgeschützte Bau würde in die zweite Reihe rücken. Auch hier möchte Flierl lieber einen grünen Stadtplatz erhalten, um dem Stadthaus einen »prominenten Auftritt« zu verschaffen und mit dem Roten Rathaus einen »Ort kommunaler Selbstdarstellung« zu schaffen, so wie er in einer frühen Phase des Planwerks auch vorgesehen war.

Die Fraktionen einigten sich auf den Kompromiss, eine Reduzierung der Gebäudehöhen zu prüfen, um die Sicht- und Wegebeziehungen zum Stadthaus frei zu halten und einen größeren Platz davor zu ermöglichen.

Das Planwerk, das vor allem ein Werk des einstigen Senatsbaudirektors Hans Stimmann ist, soll nun alle zwei Jahre fortgeschrieben und im Abgeordnetenhaus debattiert werden. »Dieses Leitbild war nötig, um die beiden Stadthälften zusammenzuführen«, so Flierl. Aber es sei noch Ergebnis der CDU/SPD-Koalition und orientiere sich zu sehr am vormodernen Stadtgrundriss. »Für Rot-Rot ist es an der Zeit, eigene Antworten auf die Entwicklung zu geben.«

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