Internetauktion: Ist ein Angebot mehrdeutig, kommt kein Vertrag zustande

  • Lesedauer: 2 Min.

Auf der Suche nach Schnäppchen stieß H. bei einer Internet-Auktion auf ein gebrauchtes Fahrzeug zum Sofortkaufpreis von 43 000 Euro. H. bot 100 Euro. Anbieterin F. gelang es nicht, das Auto zu versteigern. Deshalb unterbreitete sie 13 Interessenten, die Gebote abgegeben hatten, per E-Mail ein so genanntes »Angebot an unterlegene Bieter«. In ihrem Textfenster fügte sie hinzu »Der Mindestpreis beträgt 43 000 Euro«.

H. erhielt die Mail und las auch den Zusatz. Doch im Link zum Auktionshaus war in der »Sofortkauf-Option« auch noch der Preis von 100 Euro hinterlegt. Deshalb schickte das Internetauktionshaus H. eine Kaufbestätigung über 100 Euro. F. pochte auf einen Fehler im System und verkaufte das Fahrzeug anderweitig. Nun forderte H. 42 900 Euro Schadenersatz. Damit kam er allerdings beim Landgericht Stuttgart nicht durch. Mit H. sei kein wirksamer Kaufvertrag über 100 Euro zustande gekommen, so das Gericht. Die Preisangabe in der Sofortkauf-Option sei nicht die einzige: In ihrer Mail habe die Anbieterin 43 000 Euro verlangt. Bei einer objektiv mehrdeutigen oder in sich widersprüchlichen Willenserklärung der Anbieterin könne der Bieter nicht auf seinem Gebot bestehen.

F. beteilige sich sonst kaum an Internetauktionen und habe nicht gewusst, dass bei einem »Angebot an unterlegene Bieter« unter der Sofortkauf-Option die von Interessenten ursprünglich gebotenen Preise hinterlegt bleiben. Das System bestätigte daher einen Kaufvertrag zu einem für F. inakzeptablem Preis. Über diesen Mechanismus informiere das Internetauktionshaus die Kunden nur unzureichend. Selbst wenn der Kaufvertrag wirksam wäre, könnte F. ihn wegen Irrtums anfechten. Dass die unerfahrene Frau nicht durchblickte, könne man ihr nicht vorwerfen. Das Auktionshaus müsse den Teilnehmern klar machen, dass bei den Empfängern eines »Angebots an unterlegene Bieter« außer ihrem Mindestpreis auch noch die ursprünglichen Gebote als weitere, abweichende Kaufpreise auftauchen könnten.

Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 21. Dezember 2007 – 24 O 317/07

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal