Kopenhagen: Manche mögen's heiß

Bei der Klimakonferenz riskieren die Regierungsvertreter eine ungebremste Erderwärmung

  • Lesedauer: 3 Min.
Kurz vor dem offiziellen Ende der Weltklimakonferenz sieht es immer noch nicht nach einer Einigung aus.

Kopenhagen (ND-Stenger/Agenturen). In der alles entscheidenden Schlussphase der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen haben sich die Delegierten am Donnerstag darauf geeinigt, in zwei Gruppen eine Verhandlungsgrundlage für die Staats- und Regierungschefs auszuarbeiten. Zuvor hatte der dänische Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen den Versuch aufgegeben, für die Chefrunde eine praktikable und entschlackte Verhandlungsgrundlage auszuarbeiten.

Gut 10 000 Delegierte aus 192 Staaten verhandeln seit Anfang vergangener Woche in Kopenhagen über ein neues Klimaabkommen zur Reduzierung der Treibhausgase. Tiefe Grabenkämpfe zwischen den G77 und den Industrieländern sowie schwere Vorwürfe gegen die dänischen Gastgeber haben die Verhandlungen in den vergangenen Tagen lahmgelegt. Dagegen warfen westliche Diplomaten den Schwellen- und Entwicklungsländern vor, untereinander uneins zu sein, was den Prozess blockiert habe.

UN-Klimachef Yvo de Boer sprach dennoch von ermutigenden Fortschritten. Er hoffe auf »sehr frische Ideen« von den erwarteten Staats- und Regierungschefs, die heute ins Geschehen eingreifen sollen. Als erste US-Vertreterin nannte Außenministerin Hillary Clinton mit 100 Milliarden Dollar eine Summe, die die reichen Länder vom Jahr 2020 an jährlich für Klimamaßnahmen in den Entwicklungsländern aufbieten sollen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte in Kopenhagen vor einem Scheitern der Verhandlungen. Ein Misserfolg wäre ein »schreckliches Signal für alle, die unserer Welt im 21. Jahrhundert eine gute Zukunft geben wollen«, sagte sie im Plenum der Konferenz. Merkel forderte, die Industrienationen müssten ihren CO2-Ausstoß bis 2020 im Vergleich zu 1990 um mindestens 25 Prozent senken. Forscher halten jedoch mindestens 40 Prozent für notwendig, um die Erderwärmung in einem erträglichen Rahmen zu halten.

Zuvor hatte sich Merkel in einer Regierungserklärung im Bundestag in Allgemeinplätzen und Appellen geübt. »Wenn wir jetzt nicht die notwendigen Weichenstellungen vornehmen, riskieren wir dramatische Schäden«, sagte sie. Die Opposition warf der CDU-Politikerin »Zögerlichkeit« vor. Erstmals verhandle eine Bundesregierung ohne gemeinsamen Auftrag des Parlaments bei einem Klimagipfel, sagte der SPD-Abgeordnete Ulrich Kelber. Er warf FDP-Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel einen »brutalen Wortbruch« vor, da dieser künftige Klimaschutzhilfen für Entwicklungsländer bei der Armutsbekämpfung abziehen wolle. Auch Linksfraktionschef Gregor Gysi kritisierte, diese Ziele ließen sich nicht gegeneinander aufrechnen. Er kritisierte zudem das »massive und robuste Vorgehen« der Polizei in Kopenhagen gegen Demonstranten.

Die dänische Polizei nahm am Donnerstag zwölf Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace vor dem Tagungsort des Gipfels fest. Sie hatten versucht, ein Banner mit der Aufschrift »Politiker reden – Führer handeln« aufzuhängen. Bei mehreren Demonstrationen hat die Polizei seit dem Wochenende mehr als 1500 Beteiligte festgenommen, fast alle »vorbeugend« und ohne konkrete Begründung. Gegen drei Deutsche wurde auch Haftbefehl erlassen. Ein mehrtägiger Arrest wurde gegen den Sprecher des Netzwerks »Climate Justice Action« verhängt. Bei einem Haftprüfungstermin seien auch Protokolle von abgehörten Handygesprächen und SMS-Nachrichten vorgelegt worden, erklärte das Netzwerk. Die Vorwürfe gegen Müller seien »politisch motiviert« und »konstruiert«.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal