Nazi-Marsch durch Lübeck gestoppt

Antifaschistisches Bündnis erfolgreich

  • Dieter Hanisch, Lübeck
  • Lesedauer: 2 Min.
Rund 3000 Menschen haben sich am Samstag in Lübeck einem Aufmarsch von Rechtsextremisten entgegengestellt. Mit Sitzblockaden stoppten sie den Zug der Neonazis durch die Stadt.

Das Motto des breiten Bündnisses »Wir können sie stoppen« wurde am Samstag in Lübeck erfolgreich in die Tat umgesetzt: Nach wenigen hundert Metern war Schluss mit einem Neonazi-Aufmarsch. Zum nunmehr fünften Mal hatte die rechte Szene anlässlich des Jahrestages der alliierten Bombenabwürfe im März 1942 in die Hansestadt mobilisiert. Bereits viele Stunden vor dem Treffen der Neonazis formierten sich erste Sitzblockaden. Sie wurden allerdings von der Polizei noch durch Wegtragen aufgelöst. Doch in der Folge fanden sich immer wieder Entschlossene, die sich in Sitzketten auf den Asphalt setzten.

Mahnende Kirchenglocken

Nach und nach trafen ungefähr 220 Rechtsextremisten per Zug auf dem Lübecker Bahnhof ein – deutlich weniger als noch im Vorjahr. Sie versammelten sich auf der Bahnhofsrückseite, während auf dem Bahnhofsvorplatz friedlich gegen den Nazi-Spuk demonstriert wurde. Als Nazi-Versammlungsleiter Thomas »Steiner« Wulff, Mitglied des NPD-Bundesvorstandes, die Auflagen verlas, setzte das mahnende Glockengeläut der nahe gelegenen St. Lorenz-Kirche ein.

Geschützt von der Polizei erreichten Wulff und seine Gesinnungsgenossen noch den ersten Zwischenkundgebungsort. Doch dann schnitt die Polizei Wulff wegen Überschreitens der erlaubten Redezeit das Wort ab und erklärte, dass es an diesem Tage nach Abwägung des Gefährdungspotenzials und der Verhältnismäßigkeit für die Neonazis nur noch eine Umkehr geben könne. Die lösten daraufhin ihre Zusammenkunft auf und begaben sich in Polizeibegleitung zurück zum Bahnhof, von wo sie abfuhren.

Fehlende Sensibilität

Mit großer Erleichterung reagierte man beim Islamischen Zentrum in Lübeck. Dort hätte der Marsch der Rechten eigentlich noch vorbeiziehen sollen, die NPD hatte an dieser Stelle sogar eine Zwischenkundgebung angemeldet. Aleksan Öztürk, Vorstandsmitglied der Islamischen Gemeinde, hatte der Ordnungsbehörde der Stadt Lübeck deshalb schon vor diesem Wochenende fehlende Sensibilität vorgeworfen.

Auf der Kundgebung vor dem Bahnhof erklang unter anderem Klezmer-Musik. Dort wiederholte Schleswig-Holsteins SPD-Landeschef Ralf Stegner seine Forderung nach einem NPD-Verbot. Die Hamburger Bischöfin Maria Jepsen betonte, die Kirchen dürften nicht schweigen, wenn erneut Rechtsextremisten mit »ihrer menschen- und gottverachtenden Ideologie« aufträten. Die LINKE versorgte indessen friedliche Straßenblockierer mit Proviant.

Die Polizei meldete nach Einsatzende 22 Zugriffe gegen Personen aus dem linken Spektrum wegen Sachbeschädigungen und Widerstandshandlungen. Abseits der Proteste war es vereinzelt zu Ausschreitungen gekommen.

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