Daimlers schlechtes Gewissen

Kritische Aktionäre fordern Kurs auf Grün und Entschädigung von Apartheid-Überlebenden

  • Ina Beyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Am heutigen Mittwoch kommen die Aktionäre des Daimler-Konzerns in Berlin zu ihrer jährlichen Hauptversammlung zusammen. Die Kritischen Aktionäre Daimler (KAD), die sich dafür einsetzen, dass der Konzern gesellschaftliche Verantwortung übernimmt, informierten am Dienstag vorab über die aktuellen Entwicklungen.

»Wir fahren nicht nur in der Formel 1 um den Sieg, sondern auch in der ›Formel Grün‹ mit Premium-Automobilen, die Verantwortung für die Umwelt und die Faszination von Mercedes-Benz vereinen«, verkündete Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche anlässlich des Genfer Autosalons 2010.

Doch die Fahrt dorthin geht den Kritischen Aktionären längst nicht schnell genug. »Daimler hinkt bei der Reduzierung des Flottenverbrauches allen Wettbewerbern hinterher«, kritisierte Alexander Dauensteiner, Verkehrsexperte des KAD, am Dienstag vor Journalisten in Berlin. Unter allen sechs Herstellern in Deutschland – Audi, BMW, Mercedes-Benz, Opel und VW – weise die Daimler AG den schlechtesten Flottenverbrauchswert auf.

Grund sei vor allem, dass Daimler neue, alternative Antriebskonzepte bestimmten Modellen vorbehalte, während diese etwa bei BMW-Neuwagen serienmäßig angeboten würden. Die Kritischen Aktionäre fordern, dass auch Daimler die umweltverträglicheren Antriebe serienmäßig aufnimmt.

Der KAD verlangt vom Daimler-Vorstand zudem, Entschädigungszahlungen an die Apartheid-Opfer in Südafrika zu entrichten. Daimler und andere Firmen werden beschuldigt, durch Lieferungen von Fahrzeugen und Maschinen an die südafrikanische Polizei und das Militär Beihilfe zu schweren Menschenrechtsverletzungen geleistet zu haben.

Seit 1978 lieferte Daimler mindestens 2500 Unimogs an das Apartheid-Regime, vergab zudem Lizenzen für Dieselmotoren für Panzer und Nutzfahrzeuge.

In New York ist seit 2009 vor einem Bundesbezirksgericht eine entsprechende Sammelklage der Organisation Khulumani anhängig. In Khulumani haben sich rund 58 000 Apartheid-Opfer zusammengeschlossen. Neben Daimler werden dort auch die Firmen Rheinmetall, Ford, IBM und General Motors beschuldigt, das südafrikanische Apartheid-Regime unterstützt zu haben.

In Berlin war gestern auch Khulumani-Kläger Mpho Masemola anwesend. Der Apartheid-Überlebende forderte Daimler auf, auf die Opfer zuzukommen, endlich seine Archive zu öffnen und in Verhandlungen über Wiedergutmachungen zu treten.

Zeitgleich mit der heutigen Daimler-Hauptversammlung startet die Unterschriftenkampagne »Daimler – The Star of Apartheid«, initiiert von Khulumani und der Menschenrechtsorganisation »medico international«.

Ziel der Kampagne ist es nach Angaben von KAD-Vorstand Dorothea Kerschgens, die wachsende Aufmerksamkeit für die Fußball-WM in Südafrika zu nutzen, um den Druck auf Daimler zu erhöhen. Bis Oktober sollen tausende Unterschriften gesammelt und Konzernchef Zetsche übergeben werden. Unterstützt wird die Kampagne in Deutschland auch von weiteren Organisationen der Anti-Apartheid-Bewegung.

Weiterhin fordert der KAD vom Daimler-Vorstand die lückenlose Aufklärung der Lieferungen von Mercedes-Lkw in Krisen- und Kriegsgebiete und den Verzicht von Rüstungsexporten über die Daimler-Beteiligungen EADS und Tognum. Der Daimler-Konzern profitiert durch die moralisch verwerflichen Geschäfte von derzeit 34 tobenden kriegerischen Ausein-andersetzungen weltweit.

Kampagne für Entschädigung von Apartheid-Opfern im Internet unter: www.star-of-apartheid.de

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