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Viel Griechisches in Berlin

Abgeordnetenhaus debattierte die europäische Finanzkrise und die Folgen für die Stadt

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Ganz große Politik wurde gestern im Abgeordnetenhaus gemacht. Es ging um die europäische Finanzkrise, die Haltung der Bundesregierung dazu und die Folgen für Berlin. »Wer zahlt die Zeche?« wollten die rot-roten Koalitionsfraktionen wissen und gaben in der Aktuellen Stunde gleich die Antwort vor: »Keine Finanzierung zu Lasten der Länder und Kommunen!«

»Wir können und dürfen in dieser dramatischen Situation nicht zusehen, wie überfordert die Kanzlerin in dieser Krise agiert«, begründete die SPD-Abgeordnete Dilek Kolat unter großem Murren von CDU und FDP die Wahl des Themas. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe gänzlich die politische Führung vermissen lassen, setzte SPD-Fraktionschef Michael Müller noch eins drauf. Es sei eine Schande, dass die Bundesregierung nicht an der Spitze der Bewegung steht und sich nicht klar zur Finanzmarkttransaktionssteuer bekennt. Er forderte eine konsequente Beteiligung des Finanzsektors an den Kosten der europäischen Finanzkrise. Es könne nicht sein, dass den Banken als Verursacher erst mit Milliarden-Rettungspaketen geholfen werde, diese dann durch Spekulationen gegen Staaten diese in den Abgrund rissen. Außerdem müsse sich die Bundesregierung an den Sozialausgaben der Länder und Kommunen beteiligen.

CDU-Fraktionschef Frank Henkel dagegen ist der Kanzlerin natürlich dankbar dafür, wie sie versucht, einen »europäischen Flächenbrand« zu verhindern. Außerdem sei es die SPD in der Bundesregierung gewesen, die die Hedgefonds zugelassen habe, zahlte er ihr die Attacke auf die Kanzlerin zurück. Und warf der rot-roten Koalition angesichts eines bald 66 Milliarden Euro großen Schuldenbergs vor, dass Berlin »oft schlechter dasteht als Griechenland«. Die Stadt dürfe nicht länger über ihre Verhältnisse leben, deshalb müsse auch gespart werden. Aber der Finanzsenator habe dafür noch nicht einen konkreten Vorschlag gemacht, schimpfte Henkel. Er selber machte auch keinen, forderte aber wie alle Parteien, die Bildung beim Sparen auszusparen.

Für FDP-Fraktionschef Christoph Meyer ist Berlin sogar schon das »Griechenland« Deutschlands, während seine Kollegin von Grünen, Ramona Pop, griechische Verhältnisse befürchtet, wenn die Stadt sich weiter in ihre »rot-rote Wohlfühldecke« einkuschelt und nicht ihren Beitrag zur Bewältigung der Krise leistet. Rot-Rot müsse die »Ausgaben-Sintflut« eindämmen und nicht nur gegen Hedgefonds wettern, forderte sie.

»Wer den Gürtel enger schnallt, könne sich damit auch umbringen«, warnte LINKE-Fraktionschef Udo Wolf. Es sei falsch, weniger für Bildung, Soziales oder Investitionen auszugeben. Berlin werde das Geld nicht mit vollen Händen ausgeben, aber auch nicht der Krise hinterhersparen.

Da war er sich mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) einig. Man werde auch weiterhin in Bildung und Zukunft investieren, Sparen wäre da kontraproduktiv. Man könne allerdings nicht überall Prioritäten setzen, jede Investitionsmaßnahme werde überprüft, kündigte Wowereit an. Von der Bundeskanzlerin verlangte er, die Spekulanten an den Kosten der von ihnen verursachten Krise zu beteiligen. Die Politik müsse das Heft des Handelns wieder in die Hand nehmen, »sonst muss die Kanzlerin abtreten, weil sie zu schwach ist.«

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