Schwingungen

Andrea Engelmann: Zeichnung, Malerei

  • Peter H. Feist
  • Lesedauer: 2 Min.

In der galerie parterre, die zum Amt für Kultur und Bildung des Berliner Bezirks Pankow gehört, darf man dank der kundigen Leiterin Kathleen Krenzlin gewiss sein, auf anspruchsvolle bildende Kunst von sicherer Qualität zu treffen. Das ist auch jetzt der Fall, da gut fünfzig Arbeiten von Andrea Engelmann, fast durchwegs auf Papier und alle zwischen 1990 und 2010 entstanden, gezeigt werden. Der Kunstwissenschaftler Jens Semrau hat sie mit ausgewählt und interpretiert sie tiefgründig im begleitenden Plakat-Faltblatt. Die Künstlerin studierte in Berlin-Weißensee Modegestaltung und lehrt das seit 1992 selbst an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft. Gleichzeitig begann sie als Malerin zu arbeiten und regelmäßig, auch im Ausland, auszustellen.

An ihren Werken, die von kleinen Studienblättern bis zu einigen etwa zwei Quadratmeter großen Gestaltungen in verschiedenen Techniken reichen, ist eine Nähe zur Flächigkeit von Geweben, zur Bildung von sich wiederholenden Mustern und das Vorwalten einer attraktiven Farbigkeit wahrzunehmen. Engelmanns Neigung gilt vor allem einem warmen Rot, das vielfältig variiert und moduliert wird, durchaus auch bedrohlich aufflammt. Die Malerin ergründet in skizzenhafter Lockerheit die Ausdruckswirkung von Linienschwüngen, Fleckenrastern, Farbüberlagerungen und konturierten Farbflächen. Manches kommt vom Gestus des Schreibens her. Alles scheint noch vorläufig, erst im Werden zu sein. Die ungegenständlichen Motive bilden keine vertrauten Erscheinungen von Realität ab, lassen aber dennoch immer wieder die Erinnerung an die Gestalt, beispielsweise von Vogelfedern, Früchten oder auch wissenschaftliche Bilder von Druck- oder Schallwellen auftauchen. Ein großer Siebdruck »Oval/Gold«, bei dem eine Vielzahl locker gemalter, paralleler, schmaler Linien von einem sehr langen behutsamen Schaffensprozess zeugen, lässt an den Schnitt durch eine organisch ungleichmäßige, asymmetrische Frucht denken.

Die Ausstellung regt das Nachdenken über geistige Wurzeln und Anstöße zur Schaffung von Bildern, also über Grundfragen bildender Kunst stark an. Sie wird auch noch zu sehen sein, wenn am 27 und 28. November fast 300 Künstler in den geöffneten Ateliers und einigen Galerien in Pankow, Prenzlauer Berg und Weißensee einen Blick auf ihr Schaffen ermöglichen werden.

Andrea Engelmann: Modulationen; galerie parterre, Danziger Str. 101, bis 28. 11., Mi-So 14-20 Uhr.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal