Haus der Gladiatoren in Pompeji eingestürzt

Italiens Präsident Giorgio Napolitano zur Erhaltung von Kulturgütern: »Eine Schande für Italien«

  • Anna Maldini
  • Lesedauer: 3 Min.

»Es ist eine Schande für Italien«. Das sagte Staatspräsident Giorgio Napolitano. Und er bezog sich dabei nicht auf die jüngsten Sexskandale des Regierungschefs Berlusconi, sondern auf ein Ereignis, das zumindest für die Welt sehr viel schwerwiegender ist: Der Einsturz des »Hauses der Gladiatoren« in Pompeji.

Das Gebäude war relativ »jung«. Es zählte zu den letzten, die in der florierenden Römerstadt Pompeji gebaut wurden, bevor sie nach einem Ausbruch des Vulkans Vesuv im Jahre 79 unserer Zeitrechnung mit ihren 20 000 Einwohnern im wahrsten Sinne des Wortes in Schutt und Asche versank. Das Haus mit dem wissenschaftlichen Namen »Schola Armaturarum Juventis Pompeiani« (Waffenschule der Jugend von Pompeji) war in der Nähe des Amphitheaters gelegen, und hier wärmten sich die Gladiatoren wohl auf, bevor sie in die Arena traten. Im etwa 80 Quadratmeter großen Raum hatte man bei den ersten Ausgrabungen Waffen gefunden, und die Wände waren mit kriegerischen Fresken geschmückt. Das war einmal. Jetzt ist das »Haus der Gladiatoren« nur ein großer Schutthaufen und ist ein für alle Mal verschwunden. Das ist die »Schande« von der Giorgio Napolitano gesprochen hat.

Es gibt zwei Kategorien von Gründen, die zu diesem Einsturz führten. Zum einen ist da der starke Regen der letzten Tage: Das Wasser ist wohl von einem Erdhügel (unter dem sich weitere antike Teile der Stadt befinden, die bisher aber niemand ans Tageslicht befördert hat) so lange in die Fundamente des Gebäudes gesickert, bis es in sich zusammenfiel. Obwohl erst im vergangenen Januar ganz in der Nähe ein weiteres Haus eingestürzt war, hat man sich offensichtlich nicht darum geschert und keine konservativen Maßnahmen ergriffen. Wäre der Einsturz nicht in den ersten Morgenstunden geschehen, sondern dann, wenn tausende Menschen die Ausgrabungen besichtigen, hätte es womöglich auch Verletzte oder gar Tote gegeben.

Und damit wären wir auch schon bei der zweiten Gruppe von Gründen: Pompeji und die Ausgrabungen, die in der Welt einzigartig sind und von der UNESCO zum »Weltkulturerbe« erklärt wurden, werden von den italienischen Behörden immer mehr vernachlässigt. Der Kulturhaushalt des Landes wurde unter Berlusconi immer weiter gekürzt, und die Sparmaßnahmen machen die Erhaltung wichtiger Denkmäler – darunter Pompeji – unmöglich. Dass die Ausgrabungen immer mehr verkommen, ist keine Neuigkeit. Nur etwa 30 Prozent aller ans Licht gebrachten Gebäude kann man besichtigen. Die anderen sind eingezäunt, verrammelt und mit riesigen Schildern »Einsturzgefahr!« versehen. Es fehlt an Wachpersonal, so dass jeder Tourist sich ungestört ein paar »alte Steine« in die Tasche stecken oder sich an den antiken Fresken mit einem Kugelschreiber verewigen kann. Immer wieder machen streunende Hunde das Gelände unsicher. Und wenn kein Geld da ist, um wenigstens das Existente zu bewahren, gibt es erst Recht keine Mittel, um sich mit dem großen Areal zu beschäftigen, das noch brach liegt und in dem sich wer weiß was noch für Kunstschätze verstecken.

Jetzt schiebt einer die Schuld auf den anderen: Der Minister auf die Regionalbehörden, die auf die Regierung, und wieder zurück. Keiner fühlt sich wirklich für Pompeji verantwortlich – was wohl genau zu dem gegenwärtigen Desaster geführt hat. Der Sekretär der demokratischen Partei Pier Luigi Bersani fasste es so zusammen: »Es handelt sich um ein Sinnbild für das Drama, das Italien gerade erlebt. Die Regierung spricht von ›Wundern‹ und macht noch nicht mal die alltäglichen Dinge. Und dann bricht alles zusammen«.

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