Hungerstreik für gleiche Rechte

Griechenland: Arbeitsmigranten fordern ihre Legalisierung

  • Anke Stefan, Athen
  • Lesedauer: 2 Min.
In dieser Woche haben etwa 250 Migranten in Athen einen unbefristeten Hungerstreik begonnen. Die aus wirtschaftlichen Gründen Eingewanderten fordern kein Asyl – sondern die Gleichstellung mit ihren griechischen Kollegen.

Dass die Situation von Flüchtlingen in Griechenland unerträglich ist, pfeifen in ganz Europa die Spatzen von den Dächern. Immer mehr Länder haben sich dazu entschlossen, keine über Griechenland in die EU eingereisten Asylbewerber in den Mittelmeerstaat zurückzuschicken, obwohl das Land nach dem 2003 in Dublin unterzeichneten EU-Abkommen für deren Asylverfahren zuständig wäre. Erst vor wenigen Tagen ist einem aus Belgien zurück verfrachteten Flüchtling vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sogar Schadenersatz zugesprochen worden, da die Lebensbedingungen für Flüchtlinge in Griechenland eine Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention darstellen. Hungerstreiks von Asylbewerbern, die seit Jahren ohne Arbeitserlaubnis und mittellos auf eine Entscheidung über ihren Antrag warten, sind angesichts dieser Situation keine Seltenheit in Griechenland. Abseits von den Scheinwerfern der Medien wie der öffentlichen Aufmerksamkeit befinden sich in Athen zum Beispiel seit Wochen mehrere Dutzend Asylsuchende aus Palästina und Afghanistan im Hungerstreik.

Die ihnen fehlende Medienpräsenz wird derzeit aber einer anderen Gruppe von Hungerstreikenden zuteil. Seit Montag halten etwa 250 Arbeitsmigranten ein ungenutztes Gebäude der juristischen Fakultät der Athener Universität besetzt. Ausdrücklich betonen die mehrheitlich aus Ländern Nordafrikas stammenden jungen Männer, dass sie keine Flüchtlinge, sondern aus wirtschaftlichen Gründen ins Ausland gegangene Migranten sind. Alle sind mindestens zwei, manche schon über zehn Jahre im Land. Einige von ihnen konnten für eine gewisse Zeit in den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gelangen, haben diese aber zusammen mit dem Job wieder verloren. Andere haben ihr ganzes Migrantenleben lang schwarz gearbeitet. Als Tagelöhner auf dem Bau, in der Landwirtschaft, als Reinigungskraft oder Haushaltshilfe. In unversicherten »Überausbeutungsverhältnissen« unter ständiger Bedrohung von Festnahme und Abschiebung.

Mit der Krise hat sich ihre Situation weiter verschlechtert, in den Medien werden sie als Sündenböcke für Verelendung und Ausbeutung ihrer griechischen Kollegen hingestellt. Dabei würden auch diese von einer Legalisierung der Eingewanderten profitieren, da Lohndumping und Unterfinanzierung der Sozialversicherungskassen entgegengearbeitet würde. Ob die Forderung der Hungerstreikenden, »die Legalisierung aller Migranten und Migrantinnen, gleiche politische und soziale Rechte wie die arbeitenden Griechen«, durchzusetzen ist, bleibt aber offen.

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