Diyalog-Festival

Gekommen, um zu bleiben

  • Anouk Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wie eine Familie«, so empfindet Mürtüz Yolcu, künstlerischer Leiter des Diyalog-Theaterfestes, die langjährigen Mitorganisatoren und Künstler. Zum 15. Mal findet das Festival dieses Frühjahr im Ballhaus Naunynstraße statt. Vom 22. April bis 7. Mai geben sich internationale Schauspielensembles, Musiker, Autoren und DJs in dem kleinen Kreuzberger Theater ein Stelldichein.

»Wir wollen mit den Zuschauern in Dialog treten«, erklärt Yolcu den Erfolg des vielseitigen Programms. Der ganze Kiez identifiziere sich mit dem Festival, und ebenso die Künstler: Wer einmal mitgemacht hat, bewirbt sich auch wieder. »Die Künstler wissen: Wir machen ein Theaterfest für die, die anders sind.«

Das war schon in den Anfängen so. 1983 gründeten in Berlin lebende Gastarbeiter und Studenten das Berliner Familientheater und führten Stücke auf, in denen sie von sich und ihren Lebensumständen erzählten, von ihren Problemen in dem fremden Land und der Sehnsucht nach der Türkei. Die erste Inszenierung wurde auf türkisch gespielt, nur wenige deutsche Zuschauer mischten sich ins Publikum. Doch schon das zweite Stück »Der Gast« um einen Gastarbeiter, der nach der Rückkehr in sein Heimatland dort nicht mehr zurechtkommt, war zweisprachig und wurde ein Riesenerfolg, der auch deutsche Zuschauer anzog.

»Uns war klar geworden: Wir werden nicht mehr zurück gehen, sondern hier bleiben«, so Yolcu, der seit 1978 in Berlin lebt und sich als Schauspieler auf der Bühne und im Fernsehen einen Namen gemacht hat. 1995 hatte man dann schon vier Produktionen, die man zeigen wollte, zudem wurden Gastspieltruppen aus Istanbul eingeladen. »So hat sich das Diyalog-Theaterfest ergeben.« Mittlerweile besteht das Publikum zur Hälfte aus Deutschen, zur Hälfte aus Migranten – ein großer Erfolg, der diesmal sicher noch getoppt werden kann: Seit Shermin Langhoff 2008 die Leitung des Ballhaus Naunynstraße angetreten hat und mit einem großen Netzwerk an Künstlern viele aktuelle Themen anspricht, ist das Kreuzberger Theater ein gern und gut besprochenes Thema in den Feuilletons.

Mürtüz Yolcu freut sich über den Zuspruch für das Diyalog-Fest, am Konzept will er aber nichts ändern. Wie auch in den letzten Jahren besteht das Festival aus Theaterstücken, Lesungen, Musik und einer großen Abschlussparty. Insgesamt stehen an 18 Tagen 19 Auftritte auf dem Programm. Zum Auftakt setzt sich die Istanbuler Truppe Bay Hic in »Herr Nichts« mit dem Thema Einsamkeit auseinander, danach ist Gogols »Tagebuch eines Wahnsinnigen« als Ein-Personen-Stück zu sehen. Beide Ensembles entstammen der Istanbuler Off-Theaterszene, die Yolcu für eine der lebendigsten und spannendsten in ganz Europa hält: »So wie in den 80er Jahren in Berlin!«

Weitere Höhepunkte des Festivals sind unter vielen anderen der Auftritt der Sufi-Gruppe Yansimalar (29.4) oder die Tanzperformance »Block Bach« des Odeon Theaters aus Bukarest (30.4.).
22.4.-7.5., Ballhaus Naunynstr.

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