Über Leoparden spricht man nicht

Empörung wegen Panzerdeal mit Saudi-Arabien – Bundesregierung schweigt zu Details

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Schwarz-Gelb ist dabei, die letzten Restriktionen für den Rüstungsexport zu kippen. Letzte Woche genehmigte der Bundessicherheitsrat den Export von rund 200 Kampfpanzern Leopard 2A7+ nach Saudi-Arabien. Sollte das Geschäft zustande kommen, würden erstmals deutsche Kampfpanzer in den Mittleren Osten geliefert werden.

Kaum ist die Meldung durch die Medien gegangen, kaum hat sich über die Opposition hinaus Empörung breit gemacht, schon gibt es eine neue Nachricht, die den Deal noch ungeheuerlicher erscheinen lässt. Bereits 44 Leopard-Kampfpanzer, meldet Reuters aus der saudi-arabischen Hauptstadt Riad, seien geliefert. Ob das stimmt, ist in den kommenden Tagen sicher ebenso wenig zu erfahren wie Details über das Geschäft. Denn: Entscheidungen, die der Bundessicherheitsrat trifft, sind geheim und werden nicht kommentiert. Das betonten auch Regierungssprecher Steffen Seibert und der Außenamtssprecher in der Bundespressekonferenz. Sollte es zum Export kommen, so Seibert, werde darüber im nächsten Rüstungsexportbericht informiert. So werden auch die Antworten in der für morgen von Grünen und der Linksfraktion beantragten Aktuellen Stunde des Parlaments ausfallen.

Der »Leo«-Panzer bekommt von Kriegsleuten Bestnoten. Die begründen sich unter anderem durch die Einsatzerfahrungen der kanadischen Truppen in Afghanistan, die deutsche »Leos« geleast haben. Der Leopard 2A7+ stellt die modernste Variante des Standardkampfpanzers der Bundeswehr dar. Er wurde von den Herstellern Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall für den Kampf im städtischen Raum optimiert.

Saudi-Arabien ist der größte Waffenimporteur weltweit. Das Land kaufte im Jahre 2009 Rüstungsgüter im Wert von 2,7 Milliarden US-Dollar. Laut Rüstungsexportbericht der Bundesregierung gehört das Königreich seit 2008 zu den »Top Ten« der Empfängerländer deutscher Waffen. Der Transfer umfasste 2009 den Genehmigungswert von 167,9 Millionen Euro. In jenem Jahr, so der letzte Bericht, genehmigte der Bund unter anderem den Export von Teilen für Feuerleiteinrichtungen, Bodenüberwachungsradar, für Kampfflugzeuge, Tankflugzeuge, für Raketen, Granaten, Elektronische Kampfführung und Grenzsicherungssysteme.

Die Opposition kritisiert den möglichen Verkauf der Panzer, doch auch in der Union mehrt sich Widerspruch. Die Mehrheit der Fraktionsführung habe am Montagabend gegen eine Lieferung argumentiert, erfuhr Reuters. Es heißt, vor allem der Chef des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz, Bundestagspräsident Norbert Lammert und die Menschenrechtsbeauftragte der Fraktion, Erika Steinbach, hätten Kritik geäußert. Der Bundestag habe ein Recht auf Auskunft, sagte der stellvertretenden SPD-Fraktionschef Gernot Erler. Er sprach von einer »erschreckenden Instinktlosigkeit«, auch weil Export von Rüstungsgütern in Krisengebiete nicht zulässig sei. »Die schlimmsten Unterdrücker bekommen die tödlichsten deutschen Panzer – das ist Merkels Beitrag zum arabischen Frühling«, kommentierte der Außenpolitik-Experte der Linksfraktion, Jan van Aken, und betonte, die LINKE werde alles versuchen, um den Deal zu stoppen.

In der vergangenen Woche wurde im Auswärtigen Ausschuss über einen Antrag abgestimmt, alle Rüstungslieferungen an Saudi Arabien zu stoppen. CDU/CSU und FDP lehnten ab, Grüne und SPD enthielten sich. Angesichts einer zusätzlich geplanten Waffenlieferung nach Algerien zeige sich nun, »dass es keine rote Linie mehr in der Nahost-Politik der Bundesregierung gibt«, sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin.

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