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Missverständliche Formulierungen mit Folgen

Reiserecht

  • Lesedauer: 2 Min.
Missverständliche Formulierungen können Reisende durcheinander bringen. Eine wichtige Entscheidung zum Schutz der Reisenden traf das Landgericht Nürnberg-Fürth am 25. Juni 2010 (Az. 15 S 9612/09), wie der Deutsche Anwaltverein (DAV) informiert.

Demnach können missverständliche Formulierungen in Reiseunterlagen einen Reisemangel darstellen. Das Risiko solcher Formulierungen in den Reiseunterlagen trägt nach Auffassung des Gerichts allein der Reiseveranstalter.

In dem Fall wurde ein Reiseveranstalter zur Rückerstattung des Reisepreises an seinen Kunden verurteilt. Dieser konnte eine gebuchte Flugreise nach Madeira nicht antreten, weil er die Angaben zum Abreisezeitpunkt in den Reiseunterlagen falsch interpretiert hat.

Der Kläger hatte eine Gruppenflugreise nach Madeira zum Preis von 1900 Euro gebucht. In der Reisebestätigung des Veranstalters war als Reisezeit angegeben: »03.03.2009 bis 10.03. 2009«. In einem weiteren Schreiben des beklagten Reiseveranstalters hieß es, die Abfahrt des Transferbusses zum Flughafen Frankfurt sei in Bamberg am 03.03.2009 um 20.30 Uhr. Geleichzeitig wurde aber darauf hingewiesen: »Bei Abfahrten zwischen 17.00 Uhr und 23.59 Uhr sind im Regelfall die Abfahrten am Vorabend. Bitte beachten Sie Ihre Flugzeiten.« Als Abflugzeit am Flughafen Frankfurt war angegeben: »03.03.2009, 04.00 Uhr«.

Am 2.3.2009 um 20.30 Uhr wartete nun der Transferbus des Reiseveranstalters vergeblich auf den Kläger. Dieser ging davon aus, dass die Reise erst einen Tag später beginnen sollte. Und auch als der Busfahrer den Kläger am späteren Abend anrief, ihn an die Abreise »erinnerte« und sogar noch anbot, eine halbe Stunde auf ihn zu warten, mochte dieser hierauf nicht eingehen. Denn schließlich gehe er gerade ins Bett und vollständig gepackt sei auch noch nicht.

Das Amtsgericht meinte im Rechtsstreit, »selber Schuld«, und wies die Klage auf Rückzahlung des Reisepreises zurück. Der Kläger hätte die Reiseunterlagen aufmerksamer lesen müssen, so dass er hätte erkennen müssen, dass er einen Tag vorher mit dem Bus fahren müsse.

Der Kläger ging gegen dieses Urteil erfolgreich in die Berufung. Das Landgericht Nürnberg-Fürth entschied, dass bei einer Pauschalreise auch die Organisation der Reise und die Information darüber eine vertragliche Hauptpflicht des Reiseveranstalters darstelle. Der Reiseveranstalter müsse den Reisenden Informationen über Reisezeiten eindeutig und ohne Widersprüche mitteilen. Tue er dies nicht, sei die Reise mangelhaft und der Kunde berechtigt zu kündigen.

Nur durch den Vergleich der Abflugzeit mit der Abfahrtzeit des Busses hätte der Kläger schließen können, dass eine dieser Zeiten nicht stimmt. Nachdem der Kläger den telefonischen »Weckruf« des Busfahrers verwarf und damit zum Ausdruck gebracht hatte, dass er die Reise kündigen wolle, konnte er im Ergebnis den gezahlten Reisepreis ohne Abzug von Stornogebühren zurückverlangen.

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