• Reise
  • 10. nd-Lesergeschichten-Wettbewerb

Mein Lieblingsinstrument

  • Lesedauer: 4 Min.

Die Diskusionen vom Weißenseeer See hallten noch in meen Ohrn. Ja, die Bahnen Richdung Südn, die faaaahn. Um die Ostazeit jabs doch schon zwee Wochn Schienersatzverkehr. Von daher, nich schon wieda! Uff‘m südlichen S-Bahnring, da jibbt det irjendsowat, abba nisch uff da Schdrecke, wo du fährst. Naja, wenna alle denkt, isset wohl so, dacht ick bei mir. Hab da uff’m Weech hierher anna Anzeijetafel zwa wat andret jesehn, abba ejal, würd schon! Mehrheit jewinnt, klaro!

Hab ick also die kleene Murmel, also Steffi, zum Auto jebracht. Naja, wa janz schön duster. Hatse Glück jehabt, dass ick da wa. Denk ick. Jedenfalls ab durch die Mitte, 'n paar Umwege, Frauen halt, wa, und dann wa ick och schon am Bahnhof. Geile Sache. Noch kurz laba Rababa mit Steffi und ab jing dit.

Hmm, nich so janz. Wieder an meen Lieblingsinformationsträja, de Anzeijetafel, stand groß jeschrieben: Ersatzvakehr. Wundaba. Tolle Freunde haste. Naja, iss halt so. Abba, ick bin ja ne blöd. Fährste mit de Ringbahn und unten, ob ick dit jetzt beschreibe oder nich, kapiert eh keener … Jedenfalls ick mit de Ringbahn zum S-Bahnhof Neukölln. Dort sinnlos jewartet. Alle andern warn wa᠆scheinlich schon im »Schönen Eck« abjestürzt, oder lagen im Bette. Ick nich, ick musste wartn.

Dann die Bahn nach Süden, sie kam. Icke bis Baumschulnweech. Dort keene Anzeige. Wirklich ja keene. Aber raus wie’n Mann, bin ja nich blöde, wie jesagt. Ja, abba Scheiße, keen Bus da. Also Ersatzvakehr heißt doch, Busse. Scheiße! Keene Busse, nich eener! Nun icke wieda zurück zum Bahnhof. Loofste den Leuten hinterher und kuckste. Biste pfiffich, nich blöde eben. Hmm. Keene Leute zum hinterloofen. Wat machn? Fragen? Männer fragen nich. Und die Pfiiffijen schon ja nich. Also, Schnauze halten, kucken. Jut, wenn die Busse vom Plänterwald nach Schöneweide fahrn, müssen se übert Adlajestell. Icke also vorsüchtich da hin. Plötzlech, 'n Paar an mir vorbei. Gleische Richtung, geil. Jut jekuckt Holger, bist 'n janz großer. Icke also hinterher, und hoffentleh wohn die ne hier. Dit wär die Arschkarte.

Die also zu so na stinknormaln Buslinie. Besser stinknomal als ja keen Bus. Der nähste Richdung Schöneweide in fünf Minutn - Weltklasse! Icke wieda, man, man, man. Wat der Bus in vier Stationen, macht die Bahn in eena. Ejal. Hauptsache in Schöneweide. Och wenn dit nich der Ersatzvakehr wa, Hauptsache dem Bett 'n Stück näa jekomm.

Uff´m Bahnhof in Schöneweide, icke also hoch. Naja, weeste ja nich, wo se die Dinger von Bahn abfahn lassn. Also den Erstbesten hoch. Und dort die Krönung, an meim Lieblingsinstrument, de Anzeijetafel nur Rotz, echt nur Gülle. Eben dacht ick noch, meene mittlschwere Krise wär übawundn, nischt. Icke inne Bahn, würlkich ne volle Bahn. Ruf ick rin: Wo fährtn der Zuch hin? Alle kieken ma blöde an. Scheinbar 'n paar Auslända. Nischt jegen Ausländer, abba könn die keen Deutsch? Icke also 'n Schritt in die Bahn rin. Noch mal lauter, wie inne Sporthalle halt wa, also damit ma würkleh jeda vasteht: Wo fährt der Zuch hin? Nischt. Der eene labat wat von, Espaniol. Man ick bin blond und keen Spanier. Au᠆ßadem wollt ick nur wissen, wo die Bahn hinfährt. Muss man see ma vorstelln, keena hat ma vastanden. Krass. Und dit in Schöneweide. Also ick mein, Wedding - Ok. Abba Schöneweide? Zum Henker, Druff jeschissen, nächste Tür. Kam ma vor wien Klinkenputzer, eene Tür nach da andern. Ne nette Frau, icke also meene Fraje jestellt. Und sie murmelt wat von Baumschulnweech. Langsam klickert mir, dit is nee meene Bahn. Icke also einfach ma uff die andre Seite zum Lieblingsinstrument jeschaut. Und siehe da: Hauptpreis. Fünf Minutn, sagn wa sechs Minutn später wa ick in Adlashof.

Da stand meen Auto, noch nich jeklaut. Lass ick imma da stehn, weil Spritspahn für de Umwelt und meene Jeldbörse. Außadem brauch ick den Stress durch de Stadt nee ham. Wenn ick dit wieda mitkrieje, dass die son Quatsch machen, dann fah ick mit Auto.

Wo die Ersatzbusse jefahn sin, weeß ick bis heute nich. Stand ja och uff keena Anzeijetafl. Ach so und zum Schluss, danke liebe S-Bahnbetriebe, dass ick so meen Freundn sowat schreibn kann. Ach, und danke Freunde, dass ihr ma zu sowat inspieriert, wa. Danke!

Holger Kühn

12524 Berlin

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