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Die »Deutsche Burschenschaft« steht vor der Spaltung

Ehemaliger Neonazifunktionär erneut zum Chefredakteur der Verbandszeitung gewählt

  • Peter Sonntag
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Spaltung der Deutschen Burschenschaft scheint nicht mehr aufzuhalten. Die Konservativen könnten den den immer rechtsextremer auftretenden Dachverband verlassen.

Der Burschentag 2012 in Eisenach ging vorzeitig zu Ende. Ergebnis: Der als äußerst rechts geltende Dachverband »Deutsche Burschenschaft« (DB) steht vor der Spaltung. Justus Libig, Sprecher der Initiative »Burschenschafter gegen Neonazis«, die Ende letzten Jahres gegründet wurde sagt: »Die Spaltung ist schon lange da, jetzt wird die Austrittswelle beginnen.«

Am vergangenen Wochenende stand der Machtkampf zwischen den Konservativen und den offen Rechtsextremen in der DB auf der Tagesordnung. Die Konservativen versuchten den den Chefredakteur der »Burschenschaftlichen Blätter«, Norbert Weidner, zu stürzen. Er ist seit 2008 »Schriftleiter« der Verbandszeitung der DB. Sein Verein »Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn« hatte beim Burschentag 2011 für einen Eklat gesorgt, als sie durchsetzen wollte, dass nur Männer deutscher Abstammung in die DB aufgenommen werden können. Nur 38 der 105 Bünde stimmten am Wochenende gegen Weidner - für die Konservativen in der DB eine herbe Niederlage.

Weidner, der mit 15 Jahren zur heute verbotenen neonazistischen Wiking-Jugend stieß und später in der ebenfalls verbotenen Nazipartei FAP Karriere machte, hatte 1999 eine neue politische Heimat in der FDP gefunden. Doch als er im April in einem Leserbrief schrieb, die Hinrichtung des evangelischen Theologen und Widerstandskämpfers Martin Bonhoeffer sei »juristisch gerechtfertigt« gewesen, weil jener ein »Landesverräter« gewesen sei, wollte man ihn auch bei den Liberalen nicht mehr haben. Das eingeleitete Ausschlussverfahren laufe noch, bestätigte Joachim Stamp, Generalsekretär der FDP-NRW. Weidner hatte zwar 1995 seinen Rückzug aus der rechten Szene erklärt, sein braunes Gedankengut aber Augenscheinlich mitgenommen.

Gut ein Drittel der Burschenschaften könnte nun die DB verlassen und sie endgültig rechts liegen lassen. Ein neuer Dachverband könnte gegründet werden - mit »ganz klaren Auflagen«, sagt Libig. Dazu gehöre die Abgrenzung gegen »jeden Extremismus - ob von rechts oder links«, sowie das Eintreten für Bürgerrechte und Völkerverständigung. Überdies existiere bereits ein Thinktank, der Antworten auf die Frage geben soll, was Burschenschaften überhaupt noch für die Demokratie bringen können.

Michael Schmidt war bis zum Burschentag am Wochenende Pressereferent der DB. Er legte sein Amt - wie vier weitere Vorstandsmitglieder - nieder nachdem Weidner nicht abgewählt wurde. Er sah sich nicht nicht mehr in der Lage, den Verband in seiner gesamten Breite öffentlich zu repräsentieren, sagt Schmidt, weil er der Meinung sei, dass man zurücktreten solle, »wenn man dem Verband mehr schade als nütze«. Ein Grund seien auch die Äußerungen Weidners zu Bonhoeffer oder »der Sprachgebrauch« einiger Burschenschafter gewesen, so Schmidt, der seit Samstag Pressesprecher der »Initiative Burschenschaftliche Zukunft« (IBZ) ist. Diese war anfangs ein Zusammenschluss von Stuttgarter Burschenschaftern und ist inzwischen auf 24 Mitgliedsorganisationen angewachsen. In der IBZ will man in Diskussionen über Zukunftsthemen der Burschenschaften wieder zu einer Einheitlichkeit kommen. In der Grundsatzerklärung der IBZ findet sich neben bürgerlich-konservativen Werten auch ein Bekenntnis gegen »extremistische oder rassistische Positionen«.

Eine neue vorsitzende Burschenschaft wurde am Wochenende in Eisenach nicht gewählt. In sechs bis neun Monaten soll es einen weiteren Burschentag geben. Dort könnte sich entscheiden, ob die DB eine Zukunft hat.

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