Wenn der Beitrag nicht mehr gezahlt werden kann

Säumigen Selbstständigen darf Krankenkasse nicht kündigen

  • Lesedauer: 2 Min.
Über eine halbe Million Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen können ihre Beiträge nicht zahlen. Ihre Schulden summierten sich bis Ende letzten Jahres auf mehr als 1,5 Milliarden Euro. Säumig sind vor allem Selbstständige.

Gekündigt werden darf ihnen zwar nicht. Doch nach Ablauf des Mahnverfahrens haben sie laut Gesetz nur noch Anspruch auf Notfall- und Schmerzbehandlungen sowie Leistungen bei Schwangerschaft. Jeder Arztbesuch, der nicht in diese Kategorien fällt, muss privat bezahlt werden. Selbst, wenn keine Leistungen in Anspruch genommen werden - die Schulden samt Säumniszuschlägen wachsen weiter. Sobald entsprechende Einkünfte vorhanden sind, können sie eingetrieben werden.

Wie kommen Betroffene aus diesem Dilemma wieder heraus? Wichtig ist, schnellstmöglich mit der gesetzlichen Kasse seinen tatsächlichen Status zu klären. Denn nicht jeder, der sich als Selbstständiger sieht, ist auch ein solcher im Sinne der Krankenkasse. Entscheidend ist, ob man tatsächlich »hauptberuflich selbstständig tätig« ist.

Denn das hat durchaus gravierende Konsequenzen: Für Hauptberufliche kostet in diesem Jahr der einheitliche Mindestbeitrag zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung 343,55 Euro im Monat. Als Berechnungsgrundlage dient ein vom Gesetzgeber festgelegtes Mindesteinkommen von 1968,75 Euro monatlich. Das gilt selbst dann, wenn der Betreffende nur 1000 Euro verdient.

Ist man hingegen nicht »hauptberuflich« tätig, sondern verdient lediglich etwas für die Haushaltskasse hinzu, kann man als »sonstiger freiwilliger Versicherter« eingestuft werden. Dann kostet der Mindestbeitrag nur noch rund 130 Euro plus Pflegeversicherung im Monat. Hier wird ein Monatseinkommen von 875 Euro zu Grunde gelegt.

Wer weniger als 375 Euro monatlich verdient, hat noch eine andere Option: Er kann sogar gänzlich beitragsfrei über die gesetzliche Kasse seines Ehepartners versichert werden.

Laut Spitzenverband Bund der gesetzlichen Krankenkassen gilt eine selbstständige Tätigkeit erst dann als hauptberuflich, »wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten deutlich übersteigt«. Als Maßstab für den zeitlichen Aufwand werden 20 Stunden wöchentlich angesetzt. Bis Ende 2010 galten noch 18 Stunden. Nachlesen kann man die Details im Rundschreiben des Spitzenverbandes RS 2010/594 vom 8. Dezember 2010.

Manche waren möglicherweise nie wirklich hauptberuflich selbstständig, auch wenn sie sich als solche bei der Kasse angemeldet hatten. Bei anderen kann sich das Auftragsvolumen so verringert haben, dass sie die Kriterien des Hauptberuflichen inzwischen nicht mehr erfüllen.

Betroffene sollten ihre Einkommensnachweise von 2011 für die Verhandlung mit der Krankenkasse mitnehmen. Die Maßgaben des Spitzenverbandes zur Hauptberuflichkeit gelten seit 1. Januar 2011, aber nicht rückwirkend für die Jahre zuvor. Letztlich ist die Einstufung immer eine Einzelfallentscheidung.

UWE GABLER

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