Opel-Mutter steht vor Umbruch

Beobachter sehen die vielen Personalwechsel bei General Motors kritisch

  • John Dyer, Boston
  • Lesedauer: 3 Min.
General Motors steuert auf einen größeren Umbruch zu, wie die jüngsten Personalwechsel zeigen. Der Konzern will verlorene Marktanteile zurück erobern.

Die Freude währte nur kurz. Der US-Automobilbauer General Motors (GM) konnte sich nach überstandener Krise zwischenzeitlich wieder größter Autohersteller der Welt nennen. Die Probleme waren aber nicht gelöst. Nicht nur, dass der japanische Konkurrent Toyota inzwischen wieder die Spitzenposition inne hat. In den vergangenen zwei Jahren verlor der Konzern aus Detroit insgesamt 41 Prozent an Aktienwert. Und auch das Europa-Geschäft bereitet wieder Sorgen.

Da braucht es Schuldige - mit Joel Ewanick wurde einer gefunden. Der bisherige GM-Marketingchef, verantwortlich für einen weltweiten Etat von 4,5 Milliarden Dollar, wurde entlassen. Ihm war es nicht gelungen, den Marktanteil entscheidend zu erhöhen. Angeblich brachte ein kostspieliges Sponsoringgeschäft mit dem britischen Fußballklub Manchester United das Fass zum Überlaufen. Damit verliert der Autobauer bereits seinen vierten Marketingchef binnen Jahresfrist. Vorübergehend wird der US-Verkaufsleiter Alan Batey die Aufgabe übernehmen.

Vor wenigen Wochen hatte GM-Chef Dan Akerson noch Ewanick in den höchsten Tönen gelobt. Jetzt aber erklärte er zur Begründung des Rauswurfs, der Marketing-Chef habe die in ihn gesteckten Erwartungen nicht erfüllt. Beobachter schließen auf tiefer greifende Probleme: »Bei den internen Abläufen bei GM stimmt es immer noch nicht«, erklärte Maryann Keller, Unternehmensberaterin für die Autoindustrie aus Connecticut.

Zudem ist Ewanick nicht die einzige abhanden gekommene Führungskraft: Kürzlich verließ der für das Design zuständige Dave Lyon das Unternehmen. Er galt zuvor als aussichtsreicher Kandidat für die Nachfolge des ebenfalls geschassten Chefs von Opel und Vauxhall, Karl-Friedrich Stracke. Die europäische Tochter machte im zweiten Quartal einen Verlust von 400 Millionen Dollar - nach einem Gewinn von 100 Millionen im Vorjahreszeitraum. Der GM-Konzerngewinn betrug 1,5 Milliarden Dollar, ein Rückgang um 40 Prozent. Der US-Autobauer führte dies neben der schwierigen Lage in Europa vor allem auf den starken US-Dollar zurück, der Fahrzeuge von GM verteuerte.

Die Europa-Sparte bleibt das Sorgenkind. Bei der Vorlage der Zahlen teilte der Konzern Ende vergangener Woche mit, für Opel solle bis zum Herbst eine umfassende Vereinbarung mit den Gewerkschaften ausgehandelt werden. Weiter unklar ist, ob es dabei auch um etwaige Werksschließungen gehen soll.

Beobachtern zufolge will GM-Chef Akerson mit den Veränderungen das etwas ins Schlingern geratene Schiff wieder auf Kurs bringen. Seit 2009 ist die US-Regierung Besitzer eines Drittels des Unternehmens. Angesichts der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten könnte Akerson einen Vertrauensverlust durch das Weiße Haus fürchten. »Er gibt seinen Führungskräften viele Freiheiten, will aber auch Ergebnisse sehen«, sagte Aaron Bragman vom Informationsdienst IHS Automotive über Akerson. Die zahlreichen Personalwechsel könnten den Erfolg aber gefährden, meint Analyst Brett Hoselton: »Bei so vielen Veränderungen kann man keine Kontinuität beim Design, der Planung und der Strategie erwarten.«

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