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»Ein Kind, das an Hunger stirbt, wurde ermordet«

Wirtschaftsstiftung Ethecon würdigt Engagement von Jean Ziegler für das Recht jedes Menschen auf Nahrung

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Samstag vergab die Stiftung Ethecon ihre Positiv- und Negativpreise. Geehrt wurde mit Jean Ziegler ein bekannter Kapitalismuskritiker, der Negativpreis ging an den Schweizer Konzern Glencore.

»Ziegler setzt sich seit Jahren unerschrocken für das Recht auf Nahrung ein«, begründet Ethecon-Sprecherin Bettina Schneider die Auswahl des diesjährigen Preisträgers. Tatsächlich hat sich der langjährige Politiker der Schweizer Sozialdemokraten in den letzten Jahren sehr stark mit den gesellschaftlichen Ursachen für den Hunger in der Welt beschäftigt, auf die Hans See in seiner ausführlichen Laudatio auf den Preisträger hinwies. »Nie mehr auf Seiten der Henker stehen«, sei Zieglers Devise. Vor wenigen Monaten ist sein Buch »Wir lassen sie verhungern - die Massenvernichtung in der dritten Welt« auf Deutsch erschienen. Dort geht der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung mit dem kapitalistischen Wirtschaftssystem hart ins Gericht. »Ein Kind, das an Hunger stirbt, wurde ermordet«, diese Ziegler-Äußerung wurde am Samstag häufig zitiert. In seiner leidenschaftlichen Dankesrede hat der Geehrte viele Details zum weltweiten Skandal des Hungers auf der Welt beigetragen. Ziegler betonte, dass bei den heutigen technischen Mitteln kein Mensch mehr Hunger leiden müsste. Er ist nicht die Folge von Mangelproduktion sondern des fehlenden Zugangs zu Nahrung.

Anders als Ziegler haben Simon Murray, Tony Hayward und Ivan Glasenberg den ihnen zugedachten Ethecon-Preis hingegen ignoriert. Schließlich wurden sie von Ethecon stellvertretend für die Manager und Aktionäre des Schweizer Rohstoff-Multis Glencore für den Ethecon-Negativpreis ausgewählt. Die Schmährede, in der diese Wahl begründet wurde, hielt der Schweizer Gewerkschafter und engagierte Antimilitarist Josef Lang. Er berichtete, dass Glencore in der Schweiz seit Langem in der Kritik steht. Mit der Verleihung des Negativpreises dürften auch in Deutschland die Praktiken des umstrittenen Konzerns bekannter werden.

»Multis wie Glencore verletzen Menschen- und Sozialrechte, verursachen Umweltschäden und vergiften Gewässer, verschieben Gewinne in Steuerparadiese, vergrößern den globalen Graben zwischen arm und reich«, heißt es dem Aufruf eines »Komitees Solidarität mit den Opfern der Rohstoffmultis«. Es hatte vor einigen Monaten zu einer Demonstration im Schweizer Örtchen Zug, in der Glencore seinen Sitz hat, aufgerufen. Der Konzern wurde von dem Schweizer Ölhändler Marc Rich gegründet. Er war mit Diktatoren verschiedener Länder befreundet und wurde von den US Behörden wegen Steuerhinterziehung und Falschaussagen angeklagt, aber 2001 vom damaligen Präsidenten Bill Clinton begnadigt. Korruption und Geldwäsche sind typisch für die Rohstoffbranche, erklärte der Basler Strafrechtsprofessor Mark Pieth in einem Interview mit dem Deutschlandfunk. Eröffnet wurde die antikapitalistische Herbstschule, zu der sich die Ethecon-Preisverleihung entwickelt hat, von dem Kölner Publizisten Werner Rügemer, der sich in seiner Rede mit dem Ausverkauf öffentlicher Güter im Rahmen des Public Private Partnership auseinandersetzte.

Die Stiftung Ethecon wurde 2004 von Axel Köhler-Schnura und Gudrun Rehmann mit dem Ziel gegründet, ökologische, soziale und menschenrechtliche Prinzipien im Wirtschaftsprozess zu fördern sowie demokratische und selbstbestimmte Strukturen zu stärken.

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