Vom Blog zum Block

Für »nd« bloggen vier Aktivisten wöchentlich zu und aus der Bewegung

  • Fabian Köhler
  • Lesedauer: 3 Min.

Ignorant, reflexhaft, unverbesserlich: Die Leserkommentare im nd-Blog »In Bewegung« sind selten frei von Kritik. Etwas anderes ist bei Beiträgen wie »Hält die Antifa zum Thema NSU das Maul?« aber auch nicht zu erwarten. Zur Diskussion animieren wollen die vier Blogger alle: über Unterdrückung und Widerstand und die Zukunft einer schrumpfenden und zerstrittenen linken Bewegung.

Keiner ruft dabei so leidenschaftliche Erwiderungen hervor wie Markus Mohr. »Alt-Kommunist« nennen ihn einige. »Junger Autonomer« fände er besser. 2006 schmiss das »Reemtsma-Institut« den heutigen Hartz-IV-Bezieher raus: wegen »lauter Tastenanschläge« und nachdem er in der »jungen Welt« einen Mitarbeiter kritisiert hatte. Auch wenn er im Blog antirassistische Bildungsarbeit als »ignorante Pädagogisierung« kritisiert oder linken Gruppen eine Sehnsucht nach »Ruhe und Ordnung im deutschen Kontext« zuschreibt, ist eines sicher: Die Auseinandersetzung mit der Bewegung scheut er nicht.

Das Problem, dass eine gute Idee am Fehlen der nötigen linken kritischen Masse scheitern kann, kennt auch Laura Valentukeviciute. Aber auch wenn »wieder nur zehn Leute« beim Protest gegen Privatisierung teilnehmen, hat die Attac-Aktivistin Erfolgserlebnisse: In Göttingen scheiterte ein Autobahnprojekt, in Frankfurt am Main führten Proteste zum Ende eines 500 Millionen Euro teuren Brückensanierungsprojekts.

Dies ist auch der Erfolg des von ihr mitgegründeten Vereins »Gemeingut in BürgerInnenhand«. Dessen Ziel: die umfassende Demokratisierung aller öffentlichen Institutionen. Denn, so die Sozialwissenschaftlerin, die Privatisierung von öffentlichen Projekten »ist immer falsch, führt zu Demokratieverlust, selbst wenn gut gewirtschaftet wird.«

Um die globale Dimension von Privatisierung weiß Michael Ramminger: Im Januar reiste der Internationalist durch ein kleines Dorf im Nordosten Brasiliens. Im Bewegungsblog berichtet er über Menschen, die in ihrem Kampf nicht nur einem Bewässerungsprojekt von Agroindustriellen, sondern auch dem Druck von Gewerkschaften ausgesetzt sind. Als »radikal und auf Kooperation orientiert«, so beschreibt sich der christliche Theologe selbst. Als sich christliche Linke in den 90ern zunehmend in NGOs wiederfanden, »Menschenketten, Unterschriften und so ›nen Quark organisierten‹«, blieb Michael Ramminger der Interventionistischen Linken (IL) erhalten. Seitdem kämpft er nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für den Erhalt einer Linken, die an der Kritik von Klassengegensätzen festhält, statt »sich in ein subkulturelles Milieu zurückzuziehen.«

Rammingers politisches Erweckungserlebnis - der Militärputsch in Chile von 1973 - machte auch Elke Steven zur Linken. Wie weitreichend und kreativ Bündnisse und Aktionsformen sein können, beschreibt die Bürgerrechtlerin im Blog: Fußballfans, die gemeinsam mit linken Aktivisten für eine Kennzeichnungspflicht von Polizisten und gegen Polizeigewalt demonstrieren, neue Formen des Protests im Internet. Seit 18 Jahren engagiert sich die Mitautorin des Grundrechtereports - der alternative Verfassungsschutzbericht des Bürgerrechtsspektrums - mit dem »Komitee für Grundrechte und Demokratie« für Meinungs- und Versammlungsfreiheit. »Protest mit eigenen Ausdrucksformen« müsse radikal sein, sagt sie. Und auch in einer anderen Sache ist sie mit ihren Mit-Bloggern wohl einer Meinung: Protest gehört nicht nur in Blogs, sondern vor allem »auf die Straße«.

www.nd-online.de/bewegung

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