Temporäres Flüchtlingsheim in Köpenick

Bezirk will ab November 150 Menschen vorübergehend in ehemaligem Seniorenheim unterbringen

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 2 Min.

Am 1. November eröffnet in Berlin ein weiteres dringend benötigtes Asylbewerberheim. In einem ehemaligen Seniorenheim in der Köpenicker Salvador-Allende-Straße werden 150 Flüchtlinge ein vorübergehendes neues Zuhause finden. Es handelt sich um eine Notunterkunft, die den Flüchtlingen voraussichtlich nur ein Jahr lang zur Verfügung stehen soll, war vom Bezirk Treptow-Köpenick zu erfahren.

Die Diakonie hatte das Seniorenheim aufgegeben, weil der marode Plattenbau nicht mehr den Anforderungen an seniorengerechtes Wohnen entspricht und für die alten Menschen in unmittelbarer Nähe einen Neubau errichtet. Eine Wohnungsgenossenschaft plant den Abriss des bisherigen Seniorenheims und will dort Wohnungen für altersgerechtes Wohnen bauen. Doch noch gehört ihr das Grundstück nicht. Bis es übertragen und die Formalitäten geregelt sind, hat der Bezirk das Gebäude vorübergehend als Flüchtlingsheim bereitgestellt.

Der Bezirk bereitet nach eigenen Angaben ein Informationsschreiben an die Anwohner sowie Informationsveranstaltungen vor, damit die Stimmung nicht wie in Hellersdorf eskaliert. In dem in den 1970er Jahren entstandene Allende-Viertel wohnen hauptsächlich deutsche Rentner, viele schon seit DDR-Zeiten. Die Wohnungen sind überwiegend in der Hand von Genossenschaften, die sich auch um soziale Belange kümmern, etwa Rentnerfahrten und Begegnungen organisieren und ihren Mitgliedern eine Ferienwohnung an der Ostsee anbieten. Allerdings hat die NPD das Thema Asylunterkunft bereits entdeckt. Auf den letzten beiden Bezirksverordnetenversammlungen hatte ihr Verordneter Udo Voigt Fragebedarf zur Zukunft des ehemaligen Seniorenheims und vermutete bereits eine Nutzung als »Asylantenheim«, wie er sich ausdrückte. Zum damaligen Zeitpunkt war die Entscheidung für ein Notaufnahmeheim allerdings noch nicht getroffen. Dass die NPD jetzt auch in Köpenick Stimmung gegen Asylsuchende machen wird, ist nur eine Frage der Zeit. Die umstrittene Bürgerinitaitive Marzahn-Hellersdorf hat die Eröffnung des Köpenicker Heims bereits auf Facebook gepostet und ihre Anhänger haben dort ihre Ablehnung deutlich Kund getan. Da macht sich Futterneid breit und die Angst vor Fremden. Ob die NPD-Slogans wie »Heute sind wir tolerant, morgen fremd im eigenen Land« allerdings wie in Hellersdorf auf fruchtbaren Boden fallen werden, ist völlig offen. Denn auch der Bezirk hat sich vorbereitet. Akteure der Zivilgesellschaft wurden bereits durch das Bezirksamt über die neuen Nachbarn informiert und werden dagegen halten.

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