Von lauter Musik wird abgeraten

Immer mehr Ältere trainieren in Studios und stärken Gesundheit und Selbstbewusstsein

  • Renate Wolf-Götz
  • Lesedauer: 4 Min.
Die Zahl der Senioren mit einem Trainingsvertrag im Fitnessstudio steigt. Achten die älteren Sportler dabei auf das richtige Trainingsprogramm, steigern sie ihre Lebensqualität.

»Starten Sie mit den großen Muskelgruppen des Unterkörpers«, sagt der Fitnesstrainer. »Das aktiviert schnell, aber schonend das Herz-Kreislaufsystem«. Während er seine Stoppuhr auf 90 Sekunden pro Gerät einstellt, achtet der Experte auf Körperhaltung und Bewegungsablauf bei den einzelnen Übungen. »Vermeiden Sie auf jeden Fall ruckartige und schnelle Bewegungen, rät der Kieser-Studio-Trainer. «Die sind nicht nur unproduktiv, sondern sogar gefährlich.

Immer mehr Senioren gehen in Deutschland in ein Fitnessstudio. »So viele aktive Rentner wie heute hat es noch nie gegeben«, sagt die Münchner Physiotherapeutin Eva von Gagern. Sie halten sich fit, um den Alltag und die Freizeit zu genießen. Wandern, Rad fahren, Nordic Walking, oder auch Ballsportarten und unterschiedliche Gymnastikangebote wie Pilates halten in Schwung und sorgen für Geselligkeit. »Selbst auf dem Land gibt es inzwischen einige Angebote für ältere Semester«, so die Physiotherapeutin. In den Städten werben indessen zunehmend Studios mit Geräten zum Muskelaufbau um Senioren.

Eine angenehme Atmosphäre und geschultes Personal sei für die »Best Ager« besonders entscheidend. »Nur wer umsichtig und maßvoll trainiert, profitiert«, so die Formel der Initiative InForm, die sich im Auftrag der Bundesregierung für gesunde Ernährung und mehr Bewegung einsetzt. Demnach ist auf der sicheren Seite, wer sein Trainingsprogramm unter Anleitung zusammenstellt. Bereits im Vorfeld sollte nach Möglichkeit mit einem Arzt geklärt werden, welche Sportart und welches Fitness-Gerät in Frage kommt. Wichtig sei dabei auch, die Übungen auf die jeweilige Medikamenteneinnahme abzustimmen. Wer etwa Betablocker einnimmt oder an Diabetes leidet, sollte das in seinem Fitnessplan unbedingt berücksichtigen, empfehlen die InForm-Berater. Falscher Ehrgeiz sei absolut fehl am Platz.

Fitness-Studios mit geschulten Trainerin eignen sich in jedem Fall für einen sanften und kontinuierlichen Einstieg in andere sportliche Aktivitäten. Bei gezielter Anleitung lassen sich Schwachstellen, die durch den altersgemäßen Muskelabbau entstanden, regulieren. So kann eine trainierte Rumpfmuskulatur den Rücken besser stützen und damit dem Verschleiß von Gelenken vorbeugen. Übungen für den Beckenboden festigen die Blasenmuskulatur und schützen vor Inkontinenz. Körperliche Fitness bei Senioren stärkt darüber hinaus das Selbstbewusstsein und vermindert zugleich die Gefahr von Stürzen, wie die Physiotherapeutin in ihrer Praxis festgestellt hat. Allerdings rät die Fachfrau von Studios mit lauter Musik und einem hohen Leistungsanspruch der einzelnen Besucher ab. »Nur durchtrainierte Ü-Fünfziger fühlen sich in solchen Einrichtungen wohl.«

Bei der Suche nach geeigneten Trainingsmöglichkeiten bietet der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) seine Unterstützung an. Im Bereich der gesunden Fitness hält der DOSB gemeinsam mit der Bundesärztekammer und der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention aktuell 15 000 Sportangebote bundesweit für empfehlenswert. Ob im Sportclub in der Stadt oder im Verein auf dem Dorf, überall dort, wo das Siegel »Sport pro Gesundheit« draufsteht, kann man sicher sein, dass in kleinen Gruppen unter Anleitung von geschultem Personal trainiert wird. In der Regel seien die Angebote für alle Altersklassen geeignet, so dass spezielle Kurse für Ältere oft gar nicht notwendig sind. »Bei der Rückenschule ist zum Beispiel der Generationen übergreifende Ansatz auf jeden Fall gegeben«, so die stellvertretende Ressortleiterin des DOSB-Geschäftsbereichs Sportentwicklung Ute Blessing-Kapelke. Indessen sei es etwa bei Aerobic-Kursen sinnvoll, nach altersentsprechenden Rhythmen zu üben und die Sprünge maßvoll einzusetzen.

Darüber hinaus hat der DOSB bisher 50 Fitness-Studios in ganz Deutschland mit dem Siegel »Sport pro Fitness« ausgezeichnet. »Auch dabei setzen wir strenge Kriterien an«, betont die DOSB-Fachfrau. Die Qualifikation des Leitungs- und Trainingspersonals etwa spiele eine entscheidende Rolle. Als weitere Bewertungspunkte nennt die Sportbundbeauftragte die räumlichen Gegebenheiten sowie die Geräteausstattung und nicht zuletzt die sportfachliche Betreuung.

Nicht nur bei älteren Einsteigern empfiehlt der DOSB beim ersten Besuch in einem Fitness-Studio oder Verein ein Anamnese-Formular auszufüllen. Über mögliche Einschränkungen oder Vorerkrankungen sollte der Trainer informiert sein, um Risiken zu vermeiden. Ein Test der Muskelfunktion, Beweglichkeit und Ausdauer vor Trainingsbeginn erleichtert die Zusammenstellung eines persönlichen Trainingplans. Fließen ärztliche, auf einem standardisierten »Rezept für Bewegung« bescheinigte Empfehlungen in das Übungsprogramm ein, würden einzelne Krankenkassen auf Antrag einen Teil der Kursgebühren erstatten, sagt Blessing-Kapelke.

Nicht wenige Ruheständler möchten sich allerdings ganz unabhängig von Vereinen oder Zuschüssen in Form halten. Laut dem Deutschen Sportstudio Verband (DSSV) hält auch eine große Anzahl an privaten Unternehmen ein vielseitiges Angebot mit speziell ausgebildetem Personal bereit.

Weitere Informationen: www.sportprogesundheit.de www.sportprofitness.de www.richtigfitab50.de

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