»Wirklichkeit ist ...

Kathrin Gerlof über eine stille SMS an Gott, den Verfassungsschutz und Roland Koch

  • Kathrin Gerlof
  • Lesedauer: 3 Min.

... wenn etwas nicht stimmt.« Dieser kluge Satz stammt ausnahmsweise nicht von einem Politiker oder einer Politikerin, sondern von dem Schriftsteller Daniel Pennac. So betrachtet können wir beruhigt sein im Wissen darum, dass wir in der Wirklichkeit leben und keiner Fiktion aufsitzen. Denn irgendwie stimmt so ziemlich gar nichts mehr. Bernie Ecc-lestone will nach München zum Oktoberfest kommen, obwohl er kein Geld mehr hat. Er wird mit dem Hut rumgehen müssen. Aber wie groß muss ein Hut sein, in den 100 Millionen passen? Ein Muslim darf Schützenkönig bleiben, obwohl der niemals für »Glaube, Sitte, Heimat« stehen kann. Jedenfalls nicht im Westfälischen. Was - außer dem Anfangsbuchstaben - Sitte mit Schießen zu tun hat, wissen die Westfalen nicht. Inschallah (Für die Westfalen: Das heißt: »So Allah will«) werden sie es auch nie rauskriegen.

Apropos Gott. Bei CIA und NSA gilt der Grundsatz: »Wir glauben an Gott, alle anderen überwachen wir.« Das kann ER nicht gewollt haben - solche Freunde. Jetzt braucht ER keine Feinde mehr und wir fragen uns, ob die Männer, die auf Ziegen starren, SEINE Handykommunikation nur aus Mangel an technischen Möglichkeiten nicht überwachen oder wirklich aus Zuneigung und Glaube.

Möglich, dass unser Bundesamt für Verfassungsschutz da weiter ist und eine der im ersten Halbjahr 2014 verschickten »stillen SMS« (53 000 insgesamt) an IHN geschickt hat, um IHN zu orten. Daran arbeitet die Kirche seit Jahrtausenden. Es wäre zum Heulen, wenn es einem Dienst gelungen sein sollte, das Bewegungsprofil des Allmächtigen zu erstellen, sie das aber geheim halten müssen.

Wenn du nicht willst, dass dein Handy zur Ortungswanze wird, schalte den Flugmodus ein, empfehlen einige ganz Clevere in den Tiefen der Internet-Chats. Aber Fliegen ist teuer und man muss ja auch mal zu Hause sein. Das ist ein schlechter Rat.

Kommen wir noch mal zu den Diensten, also den geheimen, nicht denen der Ortung. 2006 wurde in Hessen (Über Hessen müssen wir noch mal gesondert reden, es soll Leute geben, die wünschen sich, dass Roland Koch in die Politik zurückkehrt. Die gehören ausgewiesen, aber das gibt unsere Asylgesetzgebung nicht her.), 2006 also wurde in Hessen der 21-jährige Halit Yozgat in seinem Internetcafé erschossen. Am Tatort hielt sich damals der Verfassungsschützer Andreas T. auf. Kann passieren, es gibt ja so viele von denen und Andreas T. hatte zu tun, vielleicht war er mit V-Leuten verabredet. Umso perfider, dass der gute Mann in Tatverdacht geriet, wo doch schon der Name des Opfers sagt, dass ein Deutscher mit dem Mord gar nichts zu tun haben konnte.

Jedenfalls hat der Geheimschutzbeauftragte des hessischen Verfassungsschutzes (Es wäre schrecklich, wenn Roland Koch wiederkommt. Kann man da irgendwas mit dem Sittenwidrigkeitsparagraphen machen?) erklärt, er könne die Mordermittler nicht unterstützen. Man könnte ja sonst in Zukunft, hatte der Mann gesagt, den gesamten Verfassungsschutz aushebeln, indem man eine Leiche in der Nähe eines seiner Mitarbeiter platziert.

Es lag bestimmt nicht in der Absicht des Geheimschutzbeauftragten, aber da hat er uns auf eine schöne Idee gebracht. Sie wird sich leider nicht verwirklichen lassen, weil man dafür viele Tote braucht. Der Kollateralschaden wäre zu groß (Man könnte überlegen, ob Roland Koch nicht so was wie ein Mietnomade der Politik wäre. Dafür gibt es dann auch Gesetze.).

Volker Bouffier, der damalige hessische Innenminister und heutige Ministerpräsident (Okay, vielleicht ist Roland Koch doch das kleinere Übel.), hat sich damals den Befürchtungen des Geheimdienstes angeschlossen und der Polizei den Zugang zu den V-Leuten verwehrt, die der Verfassungsschützer Andreas T. in dem Internetcafé vielleicht treffen wollte.

Nicht von dem Schriftsteller Daniel Pennac, aber auch eine verdammte Wahrheit ist: Der Beweis für die Existenz außerirdischer Intelligenz wurde erbracht. Sie haben keinen Kontakt mit uns aufgenommen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal