Frischer Wind für Hansa

Folge 52 der nd-Serie Ostkurve: Uwe Klein soll als neuer Sportdirektor helfen, den Absturz des F.C. Hansa aufzuhalten

Der F.C. Hansa Rostock steckt in der Krise. Uwe Klein war zwölf Jahre lang Co-Trainer bei Fortuna Düsseldorf und wechselte vor einem Monat als Sportdirektor an die Ostsee. Der 44-Jährige erzählt Alexander Ludewig im nd-Gespräch, wie und warum er an die Ostsee kam, erläutert die Gründe für den sportlichen Absturz, wie er ihn aufhalten will und erklärt, warum die prekäre Situation des ebenso finanziell angeschlagenen Klubs auch etwas Gutes hat.

Sie waren zwölf Jahre lang Co-Trainer bei Fortuna Düsseldorf. Was hat Sie an die Ostsee verschlagen?
Hansa Rostock ist auf mich zugekommen und hat sich erkundigt, ob ich mir die Aufgabe als Sportdirektor vorstellen könnte.

Und wie ist der F.C. Hansa auf Sie aufmerksam geworden? Als Sportdirektor oder in ähnlicher Funktion haben Sie bislang ja noch nicht gearbeitet.
Das ist über Empfehlungen gelaufen, vor allem aus Düsseldorf. Ich habe bei der Fortuna angefangen, als der Verein noch in der Oberliga war und die ganzen Strukturen, dort mit aufgebaut. Und in Düsseldorf waren sie eben der Meinung, dass ich erfolgreich und von der Kommunikation her vernünftig gearbeitet habe.

Rostock ist ja gerade keine ganz so attraktive Adresse im deutschen Fußball, der Klub hat arge finanzielle und sportliche Probleme. Wie lange mussten Sie vor Ihrem Wechsel überlegen?
Überhaupt nicht lange. Hansa Rostock ist ein großer Traditionsverein. Die Chance und große Herausforderung, hier mithelfen zu können, die Mannschaft und den Verein wieder nach vorn zu bringen, wollte ich unbedingt ergreifen.

Sie sind jetzt einen Monat in Rostock. Was sind Ihre ersten Aufgaben?
Es geht erst mal darum, mir einen Überblick zu verschaffen, alle und alles kennenzulernen, Daten zu sammeln. Und das alles natürlich auch schon mit Blick auf die kommende Saison. Der zweite Schritt ist, alles zu bewerten und die Erkenntnisse dann zum Handeln in die richtige zeitliche Reihenfolge zu bringen. Handeln können wir beispielsweise erst dann, wenn sich das Transferfenster am 1. Januar öffnet. Mit Blick darauf bin ich auch viel unterwegs, um mir andere Spiele und Spieler anzuschauen.

Auf welche Bereiche wollen oder müssen Sie sich besonders konzentrieren?
Das ist ganz klar der Nachwuchsbereich. Hansa Rostock hat schon immer gute Jugendarbeit gemacht. Aber wir müssen sie wieder so gestalten, dass wir viele Spieler aus dem eigenen Nachwuchs in die erste Mannschaft integrieren können. Die ersten Schritte dabei sind gemacht. Ich habe mit den zuständigen Trainern über die Planung gesprochen, über Sondertrainingseinheiten und leichte Umstrukturierungen. Unser Ziel muss es einfach sein, hier frischen Wind hineinzubringen. Und das geht natürlich besser mit jungen hungrigen Spielern, die noch richtig brennen und noch was erreichen wollen.

Ob Talente sich im Profibereich etablieren können, liegt ja auch am Trainer der ersten Mannschaft.
Das stimmt. Und mit Peter Vollmann ist das alles auch schon besprochen. Aber ganz aktuell müssen wir sehen, was wir umsetzen können. Die Jungs haben natürlich alle Verträge. Und wir können und wollen doch nicht alle Spieler wegschicken und dann sagen, wir holen jetzt 20 junge. Das wird auch nicht funktionieren. Auf gewissen Positionen braucht eine Mannschaft auch Erfahrung.

Es ist noch nicht lange her, da gab es bei Hansa Rostock Überlegungen, das Nachwuchsleistungszentrum aus finanziellen Gründen zu schließen. Das ist kein Thema mehr?
Dass es diese Überlegungen gab, kann ich so nicht bestätigen - im Gegenteil. Unsere Strategie welche wir unter den Titel »mit neuer Kraft zu alter Stärke« gestellt haben, baut zentral darauf auf, die Nachwuchsakademie des F.C. Hansa Rostock sogar noch zu verstärken.

Die finanzielle Situation ist aber genauso bedrohlich wie die sportliche. In der vergangenen Woche sagte Vorstandschef Martin Dahlmann, dass eine Insolvenz ein durchaus realistisches Szenario sei. Wussten Sie davon, als Sie Ihren Vertrag beim F.C. Hansa unterschrieben haben?
Ja, klar. Dass die Situation sehr prekär ist, habe ich gewusst. Das hat mir Michael Dahlmann natürlich gesagt, auch schon in Bezug auf die neue Saison.

Inwieweit beeinträchtigt die finanzielle Schieflage Ihre Arbeit?
Sie macht es nicht einfacher. Aber mit Herrn Dahlmann ist besprochen, dass versucht wird, alles möglich zu machen, um in der Winterpause einen oder vielleicht auch zwei Transfers zu ermöglichen.

Trainer Peter Vollmann sagte nach der jüngsten Niederlage gegen Dynamo Dresden, dass die Mannschaft nur bedingt konkurrenzfähig sei. Sie möchten frischen Wind durch junge Spieler. Es scheint, Sie teilen die Meinung des Trainers.
Was heißt bedingt konkurrenzfähig? Wir haben zwei Wochen zuvor gegen den VfB Stuttgart ein richtig gutes Spiel gemacht. Und in Cottbus haben wir davor auch unglücklich verloren.

Fakt ist dennoch, dass Hansa als Vorletzter auf einem Abstiegsplatz der 3. Liga steht. Wo sehen Sie die Gründe für den Absturz?
Es gibt in dieser Liga nur acht Mannschaften, die mehr Tore geschossen haben als der F.C. Hansa. Es gibt aber keine Mannschaft, die mehr Gegentore kassiert hat als wir. Es muss in die Köpfe der Spieler rein, dass man nach Ballverlusten sofort umschalten muss. Dass alle mitmachen müssen, das eigene Tor zu beschützen. Das war in der Vergangenheit nicht ganz so der Fall.

Sie haben auch die Fußballlehrerlizenz. Inwieweit greifen Sie als Sportdirektor auch in die tägliche Arbeit ein?
Ins Training greife ich natürlich gar nicht ein. Das ist Sache des Trainers. Aber aufgrund meiner langjährigen Trainertätigkeit kann ich vieles ganz gut beurteilen und spreche dann auch mit den Spielern.

Zuletzt war überall von Krisengipfel und Gnadenfrist zu lesen. Genießt Trainer Peter Vollmann noch das volle Vertrauen?
Wissen Sie was das Gute an unserer Situation ist?

Nein.
Wenn es schlecht läuft, spricht man einfach noch viel mehr miteinander. Kommunikation ist immer sehr, sehr wichtig, denn man geht die Probleme dann gemeinsam an. Und wir haben gute Gespräche geführt, natürlich auch mit dem Trainer. Aus dem Grund gehen wir am Sonnabend auch guten Mutes in das Spiel gegen Preußen Münster. Dass in solch einer prekären Situation wie bei uns, die Medien bei irgendwelchen Gesprächen oder Sitzungen sofort immer zu irgendwelchen Spekulationen neigen, ist nicht schön, aber leider normal.

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