Das Einmaleins des Predictive Policing

  • Fabian Köhler
  • Lesedauer: 2 Min.

Woher stammt die Idee der vorraussagenden Verbrechensbekämpfung?
Die ersten theoretischen Vorläufer stammen aus den 70er-Jahren. Soziologen fiel damals auf, dass Verbrechensopfer oft innerhalb der nächsten 48 Stunden erneut zu Opfern werden. Später zog die Auswertung von Alter, Einkommen oder Bildungsstand in die Kriminalitätsstatistik ein. In den späten 90ern setzte sich »Crime Mapping« in den USA durch, also die geographische Analyse von Kriminalität.

Welche Daten sind relevant?
Prinzipiell alle. Aufzeichnungen von Überwachungskameras, Funkzellen-Auswertung, interne Polizei- und Verbrechensstatistiken und zumindest in den USA wohl auch geheimdienstliche Informationen. Dazu kommen öffentlich zugängliche Informationen wie Kontaktlisten von Facebook oder Twitter, Veranstaltungskalender oder selbst der Wetterbericht.

Welche Unternehmen bieten Vorhersagesoftware an?
Viele. Marktführer ist die Software »Blue Crush« des IT-Konzerns IBM. Gemeinsam mit der mehreren Universitäten hat die Polizei in Los Angeles die Software »PredPol« auf den Markt gebracht. In Europa ist das deutsche System »precobs« populär.

Wo wird das System eingesetzt?
Bisher vor allem in den USA. Unter anderem nutzen Polizeibehörden in Kalifornien, Washington, Arizona, New York und Illinois Vorhersagesoftware. Nach einer Studie des LKA Niedersachen sollen sogar 70 Prozent aller Polizeibehörden in den USA das System einsetzen, bei weiteren 20 Prozent dies bis 2016 geplant. In Europa wird solche Software bisher beim »Kent County Police« in Großbritannien und bei der Polizei in Zürich angewendet.

Wie ist die Siuation in Deutschland?
Mehrere Landeskriminalämter haben angekündigt, das System testen zu wollen. In Bayern läuft der Test bereits. Auch BKA und Bundeswehr beschäftigen sich mit der Technik. Letztere will nach eigener Aussage damit Terror-Anschläge verhindern.

Funktioniert das?
Vielleicht. Die Polizei von Los Angeles berichtet, ihre Trefferquote habe sich durch das System verdoppelt. Die Polizei von Santa Cruz spricht von 19 Prozent weniger Wohnungseinbrüchen. Eine Studie des LKA Niedersachsen konnte hingegen die Wirksamkeit hingen nicht zweifelsfrei bestätigen. Erfolgsnachrichten entstünden eher durch Marketing der Hersteller.

Und was ist schlimm daran?
Kritiker weisen darauf hin, dass trotz Polizei-Versprechen, Daten nur anonymisiert auszuwerten, allein die Technik die Möglichkeit zu einem neuen Maß an Überwachung schafft. Zudem bestehe die Gefahr, dass sich Stereotype bei Polizisten verfestigten und es verstärkt zu minderheitspezifische Kontrollen wie »Racial Profiling« komme. fak

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