Kiel wird aufgetakelt

Hamburg wählt die Ostseestadt zum Segelrevier für seine Olympiabewerbung 2024

Die Hamburger Olympiaplaner gehen auf Nummer sicher und bewerben sich mit Kiel um die Olympischen Sommerspiele 2024. Hier wurde bereits 1936 und 1972 um Medaillen gesegelt.

Gleich vier deutsche Segelreviere hatten das Interesse bekundet, die olympischen Regatten auszurichten, falls die Hansestadt 2017 den Zuschlag für die Ausrichtung der Sommerspiele 2024 bekommen sollte: Lübeck-Travemünde, Rostock-Warnemünde, Cuxhaven und Kiel.

Von Beginn an hatte Kiel dabei als Favorit gegolten, und auch das neunköpfige Expertenteam, das in der vergangenen Woche unter Leitung von DOSB-Vorstand Bernhard Schwank die Bewerber inspizierte, entschied sich am Ende »klar und einmütig« für die Landeshauptstadt Schleswig-Holsteins. »Die internationale Durchsetzungsfähigkeit muss oberstes Gebot sein«, so begründete DOSB-Präsident Alfons Hörmann die Wahl: »Wir haben uns für die Stadt mit Weltruf im Seegelsport entschieden.« Schließlich richtet die Landeshauptstadt mit der Kieler Woche alljährlich die weltgrößte Segelveranstaltung aus, die Kieler sind traditionsgemäß leicht fürs Segeln zu begeistern. Das Regattagelände Schilksee ist Olympiastützpunkt der deutschen Segler.

Cuxhavens Aussichten galten wegen des großen Tidenhubs der Nordsee von vornherein als weniger gut als die der drei Ostseereviere. Lübeck-Travemünde wollte als am nächsten gelegene Stadt punkten, das 180 Kilometer von Hamburg entfernte Rostock-Warnemünde hingegen mit seinen guten Segelbedingungen. Unter Seglern gilt Warnemünde als das mit Abstand schönste Revier der deutschen Ostsee: mit einer Küstenlinie, die dem vorherrschenden Westwind keine Barriere bietet und die außerdem noch ein legendäres Wellenbild erzeugt.

»Wenn Sie nur den Segler in mir fragen, hätte ich für Warnemünde gestimmt. Aber Kiel macht mit seiner ganzen Tradition Sinn«, kommentierte der dreimalige Olympiasieger Jochen Schümann gegenüber dem Sportinformationsdienst SID die Entscheidung pro Kiel.

Bereits 1936 und 1972 war Kiel Schauplatz olympischer Regatten. 1936 inszenierte sich Nazi-Deutschland auch bei den Segelwettbewerben am Hindenburgufer noch als Friedensbringer. Der Kieler Oberbürgermeister beschwor das »klare Licht des Olympischen Feuers, ... Künder des großen Friedenswillens unseres Führers und seines Volkes«, während Hitler in Geheimschriften forderte, die Wehrmacht habe in vier Jahren »einsatzfähig« zu sein.

Als 1972 München Gastgeber der Olympischen Spiele war, wurde erneut in Kiel um Medaillen gesegelt, am für 82 Millionen D-Mark hergerichteten Olympiagelände Schilksee. Allerdings wurde die Freude an den Wettbewerben vom Überfall der palästinensischen Terrorgruppe auf israelische Sportler in München schwer beeinträchtigt. Beim Münchener Attentat und der anschließenden Befreiung starben insgesamt 17 Menschen. In Kiel musste der Regattaplan umgemodelt werden, es gab eine Gedenkfeier für die Opfer am Schilksee, ehe die ersten Wettfahrten begannen. Die BRD gewann Bronze im Starboot, die DDR-Segler Silber im Drachenboot. Auch bei der Kieler Abschlusszeremonie der Spiele von 1972 wurde auf alle Show- und Musikeinlagen verzichtet.

Im Herbst 2015 soll in Kiel wie in Hamburg ein Referendum zu den Bewerbungsplänen durchgeführt werden. »Vermutlich findet die Abstimmung am gleichen Tag statt«, so kündigte es Hamburgs Innensenator Michael Neumann an.

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